Die Schweizerische Post muss sparen. Ihr Kerngeschäft ist ein schwieriger Fall: Die Briefmenge hat im Vorjahr um über fünf Prozent abgenommen. Bei den Paketen zeigt die Tendenz zwar nach oben, die Margen sind aber im Vergleich zu den Briefen dünn. Der Bundesrat will dem Postkonzern helfen, die Kosten zu senken: Die Vorgaben für die Grundversorgung sollen gelockert werden.
Heute muss die Post 97 Prozent der Briefe und 95 Prozent der Pakete pünktlich zustellen. Künftig sollen 90 Prozent genügen, wie der Bundesrat im Entwurf der Postverordnung schreibt.
Auch die Regel, dass die Post jedes ganzjährig bewohnte Haus beliefern muss, soll fallen. Künftig soll das nur noch für Siedlungen mit mindestens fünf Häusern gelten, und für Häuser, die höchstens eine Autominute von einer Siedlung entfernt sind. Mehrere zehntausend Haushalte in der Schweiz würden damit nicht mehr direkt versorgt.
Eine weitere Anpassung ist bei den Tageszeitungen vorgesehen. Die Frühzustellung der Zeitungen wird immer seltener, weil sie immer schwieriger rentabel zu betreiben ist. In Gebieten ohne Frühzustellung muss die Post heute die Zeitungen in 95 Prozent der Fälle bis spätestens 12.30 Uhr liefern. Dieser Wert soll ebenfalls auf 90 Prozent gesenkt werden.
Neu ist hingegen, dass die Post ein hybrides Kommunikationssystem anbieten soll, in welchem die Kundschaft ihre Briefe auch elektronisch senden kann – auf einem sicheren Kanal. Die normale E-Mail sei in vielen Fällen zu riskant, schreibt der Bundesrat.
«Attraktivität von Zeitungen würde geschwächt»
Bei den Kantonen sind diese Änderungen umstritten. In der Ostschweiz äussert sich die Thurgauer Regierung in der Vernehmlassung besonders kritisch. Sie bemängelt zum Beispiel den Leistungsabbau bei der Zustellung der Tageszeitungen. «Die Frühzustellung sowie die allgemeine Zustellung abonnierter Tageszeitungen dürfte für viele Personen gar ein Grund sein, überhaupt noch eine Tageszeitung zu abonnieren», schreibt der Regierungsrat in seiner Vernehmlassungsantwort. Diese Form der indirekten Medienförderung sei wichtig. Man müsse weiterhin auch den nicht digital affinen Personen ermöglichen, sich zeitnah mit Nachrichten zu versorgen.
Diesen Punkt betonen auch die beiden Appenzell. Die Innerrhoder Standeskommission lehnt die geänderten Vorgaben bei den abonnierten Tageszeitungen ab, «da diese die Attraktivität von regionalen Printmedien zusätzlich mindern und damit auch die direkte Demokratie schwächen».
Die Ausserrhoder Regierung ist ebenfalls der Meinung, die Zeitungen seien weniger attraktiv, wenn sie erst nach 12.30 Uhr zugestellt würden. Erst im März habe das Bundesparlament ein Massnahmenpaket verabschiedet, um die regionalen Printmedien zu stärken. Dazu gehöre auch die Förderung der Frühzustellung. Die jetzt geplante Änderung in der Postverordnung widerspreche dem Willen des Parlaments. «Gerade regionale Zeitungstitel leisten einen wichtigen Beitrag zur politischen Information und Meinungsbildung», schreibt die Ausserrhoder Regierung.
«Problematische» Erweiterung ins Digitale?
Darüber hinaus kritisiert die Thurgauer Regierung auch die Pläne für elektronische Briefe und ein hybrides Kommunikationssystem bei der Post:
Beim digitalen Service public liegt kein Marktversagen vor, das einen Staatseingriff rechtfertigen würde.
Der Regierungsrat warnt vor Wettbewerbsverzerrung. Die Post habe heute einen dominanten Marktanteil im analogen Briefmarkt und verfüge über ein staatlich geschütztes Monopol bei Briefen unter 50 Gramm. «Diese Machtstellung auch noch auf den digitalen Bereich auszuweiten, erachten wir als problematisch.» Private Unternehmen wie Banken und Krankenversicherungen würden ihren Kundinnen und Kunden bereits seit Jahren digitale Briefkästen anbieten.
St.Gallen und die beiden Appenzell hingegen bewerten die Idee mit dem elektronischen Briefverkehr eher positiv. Die Ausserrhoder Regierung schreibt, sie begrüsse die vorgeschlagenen digitalen Angebote in der Grundversorgung der Post. Die St.Galler Regierung verlangt lediglich, das Vorhaben müsse mit bereits laufenden nationalen und kantonalen Digitalisierungsprojekten koordiniert werden.
Keinen Widerstand leisten die Ostschweizer Regierungen gegen die gesenkten Pünktlichkeitsvorgaben für die Zustellung von Briefen und Paketen. Die die Innerrhoder Standeskommission gibt zu bedenken:
Die Briefmenge ist in den letzten zehn Jahren um einen Drittel zurückgegangen und wird weiter abnehmen.
Die Ausserrhoder Regierung räumt ein, die Anpassung bedeute einen Abbau der Grundversorgung. Doch es sei nun mal notwendig, dass die Post die Grundversorgung finanziell stabilisiere, indem sie Kosten einspare.
Darf die Post weniger pünktlich sein? Das sagen die Ostschweizer Regierungen