Diese kuriosen Preise gibt es für die Schwinger am Eidgenössischen zu gewinnen | W&O

Glarnerland vor 6 Stunden

Diese kuriosen Preise gibt es für die Schwinger am Eidgenössischen zu gewinnen

Mehr als 320 Gaben im Gesamtwert von über 1 Million Franken warten am Eidgenössischen Schwingfest auf die Schwinger. Wer nimmt was, darf man Gaben verkaufen, und wie sieht eigentlich das Steueramt das Ganze?

Von Martin Probst
aktualisiert vor 5 Stunden
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Inhaltsverzeichnis

Der Gabentempel löst eine besondere Faszination aus. Und nirgendwo ist er grösser als an einem Eidgenössischen Schwingfest. Am kommenden Wochenende haben die Schwinger wieder die Qual der Wahl. Doch wie funktioniert das eigentlich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Welche Gabe bekommt der Schwingerkönig?

Der Schwingerkönig erhält als Preis den Siegermuni Zibu und hat die Wahl, ob er ihn behalten möchte oder nicht. Falls der Muni zurück an den Züchter geht – was in der Regel der Fall ist – erhält der Schwinger den Gegenwert ausbezahlt. Offiziell wird nicht kommuniziert, wie viel das ist. Es dürften allerdings rund 30'000 Franken sein. Zusätzlich zum Muni oder Geld erhält der Schwingerkönig eine Königstreichel.

Auch die Schwinger auf Platz zwei und drei erhalten fix einen Lebendpreis inklusive dazugehöriger Treichel. Wie viel die beiden Rinder wert sind, ist ebenfalls nicht bekannt. Da die Lebendpreise allerdings einen höheren Wert haben müssen als die teuerste Gabe im Gabentempel, beläuft sich ihr Wert auf mindestens 20'000 Franken.

Im Gabentempel dürfen sich der König und die Schwinger auf Rang zwei und drei nicht bedienen. Selbst wenn ihnen etwas gefällt, wird für sie keine Ausnahme gemacht. Anders sieht es bei den weiteren sechs Lebendpreisen aus. Diese dürfen von den Schwingern auf den nächsten Plätzen gewählt werden. Die Schwinger können sich alternativ aber auch für eine Gabe aus dem Gabentempel entscheiden.

Wie wählen die restlichen Schwinger ihre Gabe aus?

Die Schwinger dürfen der Reihe nach – ausschlaggebend ist die Schlussrangliste – in den Gabentempel und sich einen Preis auswählen. Bei Punktgleichheit entscheidet die höhere Anzahl an gewonnenen Kämpfen über die Reihenfolge. Danach die Anzahl der Unentschieden auf dem Notenblatt. Herrscht immer noch eine Patt-Situation, wird das Alphabet angewandt. In Jahren mit ungerader Jahreszahl, also auch heuer, wird die Rangliste von Z bis A geführt.

Rund zehn Minuten bevor die Schwinger an der Reihe sind, erhalten sie ein SMS, damit sie nicht vor dem Gabentempel warten müssen. Gabenchef Jean-Claude Leuba sagt: «Auch so wird es bis weit nach Mitternacht dauern, bis die Letzten ihre Gabe ausgewählt haben.»

Damit es etwas schneller geht, gibt es vier Gruppen. Bereits am Samstagabend dürfen die Steinstösser ihre Gabe aussuchen. Am Sonntagmorgen jene Schwinger, die nach vier Gängen ausgeschieden sind, am Nachmittag jene, für die nach sechs Gängen Schluss war. Damit sich diese Schwinger nicht einfach die besten Gaben sichern, sind die Preise für ihren Ranglistenbereich speziell gekennzeichnet.

Was steht alles im Gabentempel?

Das Spektrum ist riesig. Von traditionellen Preisen wie Treicheln oder Holzmöbeln mit spezieller Gravur bis hin zu topmoderner Elektronik, luxuriösen Whirlpools oder einem Kleinwagen ist fast alles zu finden. Insgesamt stehen Gaben im Wert von rund einer Million Franken für die Schwinger bereit. Den Organisatoren war es ein Anliegen, dass jeder der insgesamt 274 Schwinger und 50 Steinstösser einen Preis im Wert von mindestens 1000 Franken erhält. Dieses Ziel wurde erreicht.

Soll's ein Bett sein, oder doch lieber ein Roller?
Soll's ein Bett sein, oder doch lieber ein Roller?
Gian Ehrenzeller / Keystone

Auch einige Kuriositäten und berufsspezifische Spezialitäten stehen im Gabentempel. Zum Beispiel wartet ein grosses Wildbienenhaus auf einen neuen Besitzer. Oder ein Rost zur Heutrocknung. Oder darf es eine elektrische Hebebühne sein? Oder doch lieber ein Motorboot? Und für Durstige gibt es eine Jahreslieferung des Lieblingsgetränks.

Was ist bei den Schwingern besonders beliebt?

Treicheln geniessen bei den Schwingern nach wie vor grosse Beliebtheit. Die bemalten Glocken aus Stahl werden besonders als Erinnerung an spezielle Erfolge gerne gewählt. Nach dem ersten Kranzgewinn, oder nach dem ersten eidgenössischen Kranz zum Beispiel. Aber nicht nur. «Das Sammeln von Treicheln wird fast zur Sucht», sagt der Baselbieter Spitzenschwinger Adrian Odermatt. «Irgendeine findet man immer, die man noch unbedingt haben will.»

Andere Schwinger wählen lieber Alltagsgegenstände. Dinge, die sie brauchen können. Einen Wäscheturm zum Beispiel, oder ein neues Bett. Oft sind auch die Frauen oder Freundinnen dabei, damit die Männer nicht auf falsche Ideen kommen. In Mollis darf jeder Schwinger eine Begleitperson mit in den Gabentempel nehmen.

Nach wie vor besonders beliebt bei den Schwingern sind Treicheln.
Nach wie vor besonders beliebt bei den Schwingern sind Treicheln.
Gian Ehrenzeller / Keystone

Manchmal lassen sich die Schwinger aber trotzdem zu einem etwas verrückteren Preis hinreissen. Der Innerschweizer Eidgenosse Sven Schurtenberger sagt: «Ich habe auch schon die Harley genommen. Aber meistens schaue ich mit der Freundin oder ob die Eltern etwas brauchen können.» Die Harley hat er mittlerweile wieder verkauft.

Dürfen die Schwinger die Gaben verkaufen?

Grundsätzlich ja, es gibt aber Ausnahmen. Einige Organisatoren schreiben dies sogar fest. So stand im Regulativ des diesjährigen Innerschweizerischen Fests: «Die Schwinger sind verpflichtet, eingravierte Gaben, die sie erhalten haben, weder zu verkaufen, zu tauschen noch zu verschenken.» Einen entsprechenden Passus findet man am Eidgenössischen in Mollis nicht. Gabenchef Leuba sagt: «Dass sich das nicht gehört, ist Ehrensache, und müsste allen klar sein.»

Ein grundsätzliches Verkaufsverbot lehnt Leuba ab. «Manchmal muss man als Schwinger etwas nehmen, das man schon hat. Da finde ich es richtig, wenn es weiterverkauft oder verschenkt werden darf.» Wenn möglich, soll dies dann allerdings im Bekannten- oder Freundeskreis stattfinden. Nicht gern gesehen wird in Schwingerkreisen, wenn Gaben auf öffentlichen Verkaufsplattformen angeboten werden.

Gaben, die nicht graviert sind, dürfen von den Schwingern auch weitergegeben werden.
Gaben, die nicht graviert sind, dürfen von den Schwingern auch weitergegeben werden.
Gian Ehrenzeller / Keystone

Wer spendet die Gaben?

Im Vorfeld des Eidgenössischen konnten sich Firmen aber auch Privatpersonen als Gabenspender melden. So gab es eine Treichel bereits ab 1300 Franken, allerdings auch eine für 12'500 Franken.

Neben der Erwähnung als Gabenspender erhielten die Geldgeber die Möglichkeit, Tickets für das Eidgenössische zu erwerben. Ab 750 Franken hatte man beispielsweise Anspruch auf einen Rasensitzplatz. Ab 4000 Franken auf zwei gedeckte Tribünenplätze, wobei pro 2000 Franken mehr ein weiterer Tribünenplatz als Kaufoption hinzukam.

Spender des Siegermunis ist ein Glarner Käseproduzent. Insgesamt wurden 471 Gabenspenderinnen und Gabenspender gefunden. Nach dem Fest erhalten die Spender vom Schwinger, der ihre Gabe wählte, einen, oft handgeschriebenen, Brief, in dem die Gabe verdankt wird.

Werden die Gaben immer luxuriöser und moderner?

Gegen diese Behauptung wehrt sich Gabenchef Leuba. «Schon zuvor gab es Whirlpools, Motorräder und ähnliches», sagt er. «Ich habe sogar das Gefühl, dass wir in Mollis wieder eine grössere Auswahl an traditionellen Gaben haben. Das war bewusst Teil unserer Strategie.»

Auch einem anderen Trend wirkten sie in Mollis etwas entgegen. Unter den Schwingern werden Bargeldspenden oder Gutscheine von Grossverteilern immer beliebter. Der Grund liegt auf der Hand: die Einsatzmöglichkeit ist vielseitig, niemand merkt, wofür man das Geld verwendet. Leuba sagt: «Auch wir haben ein paar dieser Gaben. Wir wollten die Anzahl mit Blick auf unsere Traditionen aber tief halten.»

Obwohl sich der Wert des Gabentempels in Mollis im Vergleich zu den vorherigen Eidgenössischen nicht gesteigert hat, zeigt die generelle Richtung nach oben. Bereits gibt es erste Schwingfeste, die Gaben ablehnen müssen, weil sie beispielsweise den Wert des Siegermunis übertreffen. In Mollis hatten sie dieses Problem zwar nicht. Ein Indiz, dass immer mehr Geld ins Schwingen fliesst, liefert der Gabentempel aber trotzdem. So gibt es auch einen Gutschein eines Treuhandbüros.

Müssen die Schwinger die Gaben versteuern?

In der Steuererklärung müssen Gaben deklariert werden, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Zum Beispiel, wenn der Gegenwert eines Lebendpreises ausbezahlt wird oder wenn eine Gabe nicht als gewöhnlicher Hausrat gilt. «Wie zuverlässig das allerdings in der Praxis deklariert wird, sei einmal dahingestellt», sagt ein Insider.

Von den Abgaben an den Eidgenössischen Schwingerverband ESV, wie sie bei Werbeeinnahmen anfallen, sind die Gaben allerdings befreit. Von ihren Werbehonoraren müssen die Schwinger 10 Prozent an den Verband abgeben. Das Geld dient der Nachwuchsförderung.