«Du musst über den Dingen stehen»: Die Eigenproduktion des Fabriggli begeisterte das Publikum | W&O

31.10.2021

«Du musst über den Dingen stehen»: Die Eigenproduktion des Fabriggli begeisterte das Publikum

Was haben ein Koch, ein Historiker, eine Malerin und eine pflegebedürftige Seniorin gemeinsam? Die Antwort liefert, verpackt in ein Bühnenstück, die aktuelle Fabriggli-­Eigenproduktion auf tiefgründige, aber auch humorvolle Art

Von Adi Lippuner
aktualisiert am 28.02.2023

Die Premiere am Samstagabend wurde vom gut gelaunten Publikum mit grosser Begeisterung gefeiert. Philibert (Markus Hutter), der Besitzer einer etwas in die Jahre gekommenen Pariser Wohnung, Camillie (Melanie Loher), eine Malerin, die ihren Lebensunterhalt als Putzfrau verdient, Franck (Patrick Keller), ein gestresst wirkender Koch mit weicher Schale, aber hartem Kern, und seine Grossmutter Paulette (Beatris Senften), die nicht mehr allein in ihrer Wohnung leben kann, bilden eine Schicksalsgemeinschaft auf Zeit.

«Zusammen ist man weniger allein»

Ergänzt wird die Schauspielertruppe durch Karen Rütimann, die in verschiedene Rollen schlüpft und dabei ihre Talente und Spielfreude zeigt. Eine Besonderheit ist auch, dass die Akteure das Bühnenbild selbst verändern.

Es werden Wände verschoben, Utensilien an einen anderen Platz gestellt und immer wieder wird auf dem Kalender am roten Kühlschrank gezeigt, wie die Zeit vergeht. Diese zwei Handgriffe sind es, die dem Bühnenstück «Zusammen ist man weniger allein», dramatisiert von Anna Rechstein, nach dem gleichnamigen Roman von Anna Garalda, eine Grundstruktur geben. Die Zuschauer erleben, wie sich die Beziehung der Bewohnenden verändert, sehen den zeitlichen Ablauf und können die Wandlung zum Positiven nachvollziehen

Ein bisschen mit dem Schicksal spielen

Der Wohnungsbesitzer Philibert, ein Mann mit tadellosen Manieren und äusserst gewählter Ausdrucksweise, bietet dem Koch Franck ein Dach über dem Kopf. Dann zeigt er sein grosses Herz, indem er die unter dem Dach in einer kleinen, eiskalten Kammer hausende Camille ebenfalls in die weitläufige Wohnung holt.

Die neue Situation überfordert Franck, der sich, nebst den beruflichen Herausforderungen, auch noch um seine betagte Grossmutter, die nach einem Unfall nicht mehr in ihre geliebte Wohnung mit Garten zurückkehren kann, kümmern sollte.

Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf

Es sind die menschlichen Gefühle, die anfängliche Skepsis, aber auch das langsame Zusammenwachsen, welche faszinieren. Es wird Beweis erbracht, dass «Zusammen ist man weniger allein», gerade in der heute nicht ganz einfachen Zeit, einen hohen Stellenwert hat.

Nachdem auch noch Grossmutter Paulette ein neues Daheim findet, nimmt das Schicksal, angestossen von Philibert, seinen Lauf. Zwar braucht es noch geraume Zeit und viele Ausraster, bis sich auch die Wogen zwischen Camille und Franck beruhigen. Mehrfach ermahnt Philibert die junge Frau deshalb: «Du musst über den Dingen stehen.»

Allseits eine hohe Leistungsbereitschaft

Einmal mehr beweist das Fabriggli-Team, mit welcher Leidenschaft eine Eigenproduktion erarbeitet wird. Ob vor oder hinter den Kulissen, von der Produktionsleitung mit Ruth Kühe und Svetlana Pavlova, Kerstin Köck mit ihrer guten Hand für Kostüme, Claudia Rohlfing, zuständig für Maske und Frisuren, René Engler, der bereits das zwölfte Mal die Szenen auf der Bühne gekonnt mit Licht und Ton begleitet sowie Bühnenbauer Kurt Züllig investierten, gemeinsam mit den Spielerinnen und Spielern und der Regie, unzählige Stunden bis zur rundum gelungenen Premiere.

Weitere Aufführungen, um sich einen unbeschwerten Abend im Fabriggli zu gönnen, stehen während der kommenden Wochen auf dem Programm. Details zu den Spieltagen unter www.fabriggli.ch.