Kinderkram: «Wie die Geburt vonstatten geht, ist schliesslich irgendwie auch zweitrangig» | W&O

30.07.2022

Kinderkram: «Wie die Geburt vonstatten geht, ist schliesslich irgendwie auch zweitrangig»

In der Kolumne «Kinderkram» schreibt die ehemalige W&O-Redaktorin Katharina Rutz regelmässig über den Alltag mit ihrer Familie.

Von Katharina Rutz
aktualisiert am 28.02.2023
Sprechen wir über Geburten. Dieses Mysterium, das die weibliche Urkraft freisetzt und als wunderschönes Ereignis in die Beziehung von Mutter und Kind eingeht. Oder eher nicht. Eins vorweg: Ich bewundere und ich beneide diese Frauen. Frauen, die mit einem Urvertrauen zu Hause gebären und dies komplikationslos mit offenbar erträglichen Wehen ohne Schmerzmittel und medizinischen Hilfsmitteln. Frauen, die dann von ihren Geburten schwärmen und dem fantastischen Erlebnis, das den Übergang der Mensch gewordenen Liebe aus dem Bauch direkt ins Herz bezeichnet. Ich gehöre nicht dazu.
Ich hatte zwei schwere Geburten und bei der dritten, die selbst ich als schön empfand, bin ich trotzdem danach auf der Intensivstation des Spitals Grabs aufgewacht.
Jammern möchte ich nicht! Ich möchte nur einmal sagen, laut und deutlich und öffentlich, dass ich nicht nachvollziehen kann, wie man stundenlange Wehen aushalten kann ohne Schmerzmittel. Solche Wehen, die praktisch keinen Fortschritt in der Geburt bringen, weil beispielsweise der Kopf des Kindes nicht wie er sollte in den Geburtskanal eintritt. Diese Wehen sind beissend, schneidend und stechend wie gleissendes Sonnenlicht. Es sind nicht diese schweren, runden Wehen, die wie eine Welle Meereswasser auf dich zurollen, dir zwar den Boden unter den Füssen wegziehen, in die man sich aber einsinken lassen kann.
Ich habe beide Arten von Wehen erlebt. Wenn dann gleichzeitig mit den unaushaltbaren Wehen die besorgten Diskussionen über die Herztöne des Babys im Kreisssaal beginnen, haut es doch die stärkste Frau um. Oder etwa nicht?
Ich habe meine Geburten also eher nicht souverän gemeistert, auch wenn das Spitalpersonal mir währenddessen und danach immer wahnsinnig nette Dinge gesagt hat, wofür ich ihnen noch heute dankbar bin. Überhaupt fühlte ich mich sehr gut betreut und aufgehoben im Spital Grabs. Allerdings ist eines schon so: Die Geburt bezeichnet das Erlebnis, bei dem Mensch gewordene Liebe aus dem Bauch direkt in dein Herz hereinbricht. Auf welche Art und Weise dies geschieht, ist dann irgendwie auch zweitrangig. Oder etwa nicht? Autorin Katharina Rutz ist hauptberuflich Mami von Lilly (8), Sarah (7) und Julian (1), nebenberuflich Journalistin, Bäuerin und Pferdenärrin. Frühere Kinderkram-Kolumnen: www.wundo.ch/tag/kinderkram