Dass der Oberrheintaler am Mittwoch in Altstätten vor Gericht stand, lag an seiner Einsprache gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft. Der Fussballfreund stellte zwar nicht sein strafbares Verhalten nach dem Fussballspiel in Abrede. Doch er fand, nachdem er schon von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit 100 Euro gebüsst worden sei, könne er nicht im eigenen Land ein zweites Mal bestraft werden.
Polizist angefasst und zurückgestossen
Der unbestrittene Sachverhalt wäre schwer zu bestreiten gewesen, denn es besteht eine Videoaufzeichnung. Im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft ist das Vorgefallene so beschrieben: Als ein Ordner des SCR Altach jemanden kontrollieren wollte, trat der Oberrheintaler aggressiv auf, sodass er zurückgedrängt werden musste.
Er schrie herum und gestikulierte mit den Händen.
Zwei Minuten später kam es bei der Bushaltestelle vor dem Stadion zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Altacher und einem Lustenauer Fan. Ein heute 24-jähriger Inspektor der Landespolizei Vorarlberg beobachtete einen Flüchtenden und verfolgte ihn in Richtung Stadioneingang. In diesem Moment sei der beschuldigte Oberrheintaler dem Inspektor entgegengegangen.
Er «fasste ihn an der Schulter, drängte ihn zurück, zeigte drohend mit dem Finger auf den Beamten und tat sich mit einer Gruppe von Fans zusammen, welche (…) auf den Inspektor zugingen». Nachdem der Beamte eine Schutzstellung eingenommen hatte, wurde er vom Beschuldigten «erneut am Arm angefasst und zurückgestossen». Andere Fans «zogen den äusserst aufgebrachten» Oberrheintaler «zurück, um eine weitere Eskalation zu verhindern».
«Zu viel Bier getrunken, habe überreagiert»
Zum Vorfall kam es vor über zwei Jahren, nach einem Bundesligafussballspiel zwischen dem SCR Altach und Austria Lustenau. Die Gäste siegten, die Stimmung nach dem Spiel war aufgeheizt. Vor dem Haupteingang hielten sich vornehmlich aufgebrachte Altach-Fans auf. Der Beschuldigte aus dem oberen Rheintal hielt sich ebenfalls unter diesen Altach-Fans auf. Was sodann geschah, kommentierte der Schweizer vor dem Einzelrichter mit den Worten:
Ich habe überreagiert, das war nicht richtig, den Vorfall an sich bestreite ich nicht.
Sein Verhalten erklärte er damit, dass er «zu viel Bier getrunken» habe.
Nicht zweimal für dasselbe bestraft
«Eine Strafe bekam ich bereits», sagte der Mann, der auf die dreissig zugeht. Deshalb habe er gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben. Ausserdem, um einen Eintrag im Strafregister zu vermeiden. Er rechnet sich nicht den Fans zu, sei insgesamt nur etwa fünfmal an einem Fussballspiel in Altach gewesen und ein-, zweimal in Lustenau. Ebenso wenig halte er sich in der Schweiz regelmässig in Stadien auf. Zum Altach-Spiel war er allein mit dem Taxi gekommen.
Die 100-Euro-Busse in Österreich hatte der Oberrheintaler drei Monate nach dem Fussballspiel erhalten. Sie betrifft das Fehlverhalten gegenüber der Sicherheitskraft, die für den Verein tätig ist. Bei dieser Angelegenheit handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren.
Das Fehlverhalten gegenüber dem Polizisten hatte hingegen ein Strafverfahren zur Folge. Die Vorarlberger hatten die Schweizer Behörden gebeten, dieses durchzuführen, weil der Beschuldigte ein Schweizer ist. In dieser Sache beantragte die Staatsanwaltschaft eine deutlich höhere Strafe: eine bedingte Geldstrafe von 4000 Franken, bei einer Probezeit von zwei Jahren. Damit die Ernsthaftigkeit der Sanktion dennoch im Portemonnaie spürbar ist, wurde zusätzlich eine Busse von 500 Franken beantragt. Das Kreisgericht Rheintal verneinte die Sicht des Beschuldigten, er werde doppelt bestraft.
Es verurteilte den Mann im Sinne der Staatsanwaltschaft, reduzierte aber die bedingte Geldstrafe um 400 Franken, weil der Oberrheintaler inzwischen für ein Kind unterhaltspflichtig ist, und begnügte sich mit einer Busse von 300 Franken. Der tiefere Betrag sei angemessen, weil der Verurteilte auch die Verfahrenskosten bezahlen muss. Die stiegen wegen der Einsprache deutlich, auf insgesamt 2100 Franken.
«Polizei hat schon genug zu tun»
«Die Begeisterung für Fussball kann ich teilen, aber Gewalt hat weder vor dem Stadion noch im Stadion etwas zu suchen», meinte der Gerichtspräsident nach der Urteilsverkündung – und fügte hinzu: «unabhängig von Alkoholkonsum.» Die Polizei habe «sonst schon einen genug anspruchsvollen Job», als dass sie auch noch vor Fussballstadien mit aggressiven Leuten zu tun haben sollte. Der Präsident plädierte dafür, der Polizei mit dem gleichen Respekt zu begegnen, den man auch für sich selbst erwarte. Zugunsten des Verurteilten äusserte der Richter die Einschätzung, der Beschuldigte habe sein Fehlverhalten wenigstens eingesehen, sodass man sich «hoffentlich» nicht bei einer Gerichtsverhandlung wiedersehe. (gb)