Lawinenunglück hat Pläne beschleunigt: Neue Säntisbahn soll in drei Jahren verkehren | W&O

06.04.2022

Lawinenunglück hat Pläne beschleunigt: Neue Säntisbahn soll in drei Jahren verkehren

Zwar ist die durch eine Lawine im Januar 2019 beschädigte Stütze 1 wieder instand gestellt. Doch weil Teile der Bahn in die Jahre gekommen sind, soll sie nun durch einen Neubau ersetzt werden.

Von Karin Erni
aktualisiert am 28.02.2023
Derzeit liegt das Projekt für einen Neubau der Säntis-Schwebebahn bei der Gemeinde Hundwil auf. Die aus dem Jahr 1974 stammende Bahn sei stets gut instand gehalten worden und hätte problemlos noch einige Jahre weiterbetrieben werden können, sagt der Geschäftsführer der Säntis-Schwebebahn, Martin Sturzenegger.
Das Lawinenunglück vom Januar 2019 hat den Entscheid zum Neubau der Bahn angestossen.
 Martin Sturzenegger
Martin Sturzenegger
Bild: PD
Durch die Wucht der Schneemenge war damals die Stütze 1 stark beschädigt worden und die Bahn musste in der Folge den Betrieb für rund vier Monate einstellen. Der Schaden an der Stütze sei instand gestellt worden, so Sturzenegger weiter. «Doch weil auch weitere Bestandteile der Bahn, wie beispielsweise die Tragseile und der Antrieb bald ans Ende ihrer Lebensdauer kommen werden, hat sich der Verwaltungsrat der Säntis-Schwebebahn für eine Neubauplanung ausgesprochen.»

Eine höhere Seilspannung als früher

Die neue Säntisbahn wird, wie die bestehende, eine Pendelbahn sein. Das heisst, eine Kabine hilft jeweils, die andere hochzuziehen. Die Anlage wird aber eine höhere Seilspannung als früher aufweisen. Das bedeutet, dass die Drahtseile weniger durchhängen. Das habe einen grossen Einfluss auf die Betriebssicherheit, erklärt der technische Leiter der Säntis-Schwebebahn, Michael Wehrli.
Durch die geringeren Schwingungen wird die Kabine weniger windempfindlich.
Ein weiterer Vorteil des neuen Projekts ist, dass auf eine zweite Stütze verzichtet werden kann. Der neue 45 Meter hohe Mast wird in einer umgekehrten V-Form, leicht talwärts geneigt. «Dadurch muss die Stütze nicht so hoch gebaut werden und stört das Landschaftsbild weniger als die heutige Stütze 2, die 25 Meter misst», sagt Michael Wehrli. Durch den Neubau entfällt die Stütze 1, die eine Höhe von 55 Metern aufweist. Ein Ausstieg für Tourenskifahrer und Kletterer soll an der Stütze aber weiterhin möglich sein. Er fügt an: «Interessant ist, dass dort, wo wir die neue Stütze bauen wollen, sich früher bereits ein Mast der ersten Schwebebahn aus dem Jahr 1935 befunden hat. Wir nutzen also wieder dieselbe Aufstiegsrinne wie die erste Bahn.» Die gesamte Bahnlinie wird, von unten her betrachtet, um einige Meter nach links verschoben.

Betrieb kann parallel zum Bau weiterlaufen

Die neue Ankunftshalle auf dem Berg wird in eine ehemalige Swisscom-Kaverne eingebaut, die vom Telekommunikationsunternehmen nicht mehr benötigt wird. «Dadurch können wir einen grossen Teil der Bauarbeiten während des laufenden Betriebs durchführen», erklärt Wehrli. Die Talstation wird lediglich im hinteren Bereich leicht vergrössert. Wegen der grösseren Zugkräfte der Seile muss die gesamte Seilbefestigung neu erstellt werden. Gebaut werden soll während der folgenden zwei Sommersaisons 2023 und 2024. Im Frühling 2025 wird die Säntisbahn für einige Wochen stillgelegt und der Bau fertiggestellt, sodass der Betrieb im Sommer 2025 mit der neuen Bahn aufgenommen werden kann. Ausführen wird die Arbeiten die Firma Garaventa aus Goldau im Kanton Schwyz. Sie habe bereits die bestehende Bahn gebaut und war an den Modernisierungen und Revisionen beteiligt und die Verantwortlichen kennen die Verhältnisse sehr gut. Die neuen Kabinen sollen etwas grösser werden, als die alten, sagt Wehrli.
Wir transportieren aber wie bis anhin 86 Personen, aber mit etwas mehr Komfort.
 Michael Wehrli ist technischer Leiter der Säntisbahn.
Michael Wehrli ist technischer Leiter der Säntisbahn.
Bild: Raphael Rohner

Keinen Widerstand erwartet

Beim Kabinendesign hätte man gerne etwas Futuristisches mit viel Glas gehabt, ergänzt Martin Sturzenegger. «Aber wir müssen realistisch sein. Im Winter passiert es oft, dass Eis auf die Kabine prasselt, das würde bald zu Schäden führen.» Vorrang hätten Aerodynamik und Kosten, so der Geschäftsführer. «Bei den hohen Windgeschwindigkeiten am Säntis ist es extrem wichtig, dass die Kabine nicht zu viel Angriffsfläche bietet.» Doch etwas Schönes soll es schon werden, fügt er an.
Panoramafenster bieten einen atemberaubenden Blick. Für Personen, die sich bei so viel Aussicht nicht so sicher fühlen, gibt es einen Bereich in der Mitte der Kabine.
Das Bewilligungsverfahren sollte bis im kommenden September abgeschlossen sein. Martin Sturzenegger rechnet nicht mit Widerstand. «Wir haben die Verbände früh ins Boot geholt und sie haben Einverständnis signalisiert, da keine Kapazitätserhöhung erfolgt und die Eingriffe in die Landschaft eher kleiner sind als aktuell.» Parallel zum Bewilligungsverfahren erfolgt die Detailplanung und es werden Offerten eingeholt, sodass der Verwaltungsrat für seinen Entscheid im Herbst eine Grundlage habe, sagt Sturzenegger.
Grobe Schätzungen gehen von Kosten in der Höhe von 16 bis 20 Millionen Franken aus. Bei der derzeitigen Finanzlage ist das ein grosser Lupf. Aber die Investition wäre ohnehin nötig gewesen, jetzt wird sie einige Jahre vorgezogen.