Neubau für Wohngruppen: Jugendliche bald unter einem Dach | W&O

Sennwald vor 4 Stunden

Neubau für Wohngruppen: Jugendliche bald unter einem Dach

Die zwei Standorte der Wohngruppen Sennwald sollen zusammengeführt werden. Dazu ist ein Erweiterungsbau geplant. Die Gemeinde erteilte kürzlich die Baubewilligung – die Verantwortlichen freuen sich.

Von Corinne Hanselmann
aktualisiert vor 4 Stunden
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In den Wohngruppen Chelen und Zil in Sennwald finden Jugendliche in schwierigen Situationen ein Zuhause auf Zeit. Jugendliche, die beispielsweise die Schule verweigern, vernachlässigt werden, Stress mit den Eltern haben oder Anzeichen für Gewalt oder Sucht zeigen. Zusammengefasst: Junge Menschen, die unter den aktuellen Umständen in ihrer Entwicklung gefährdet sind.

Der Verein Wohngruppen Sennwald bietet schon seit drei Jahrzehnten Plätze für 12- bis 18-jährige Mädchen und Knaben, die durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) oder die Jugendanwaltschaft fremdplatziert werden. Finanziert werden die Aufenthalte mit öffentlichen Geldern.

Verschiedene Gründe für Zusammenlegung

Seit Beginn ist ein Teil der Jugendlichen in einem alten Wohnhaus im Chelen untergebracht. Später kam aus Platzgründen der zweite Standort Zil dazu, ein Haus in der Nähe des Sennwalder Schulhauses. «Das Haus im Chelen ist zwar heimelig, wenn man als Familie darin wohnt, entspricht aber nicht mehr dem heutigen Standard für eine Wohngruppe», erklärt Andrea Felber, Sozialpädagogin FH und Co-Leiterin der Wohngruppen Sennwald. Das alte Haus sei beispielsweise sehr ringhörig und habe niedrige Deckenhöhen.

Das alte Haus am Standort Chelen entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen.
Das alte Haus am Standort Chelen entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen.
Corinne Hanselmann

Dazu kommt, dass die Hausbesitzer – Gabi und Christoph Weber, aus deren Pflegefamilie heraus der Verein Wohngruppen Sennwald einst entstanden ist – das Haus mittelfristig wieder selber nutzen möchten.

Die Verantwortlichen gelangten zur Erkenntnis, dass es nicht ideal ist, wenn die Institution weiterhin auf zwei verschiedene Standorte aufgeteilt ist und dass Ressourcen geschont werden könnten, wenn alles unter einem Dach wäre. «All diese Gründe haben dazu beigetragen, dass wir zum Schluss gekommen sind: Es braucht eine neue Lösung», so Andrea Felber.

Keine bestehenden Räumlichkeiten gefunden

«Die Trägerschaft der Wohngruppe hat versucht, neue Räumlichkeiten zum Mieten zu finden, in denen beide Standorte zusammengeführt werden können», erklärt Hermann Thoma, der im Vorstand des Vereins Wohngruppen Sennwald für Immobilien zuständig ist.

Wir suchten im ganzen Werdenberg und schrieben auch sämtliche Gemeindepräsidenten an – ohne Erfolg.

Eine andere Lösung musste her.

Diese erarbeiteten die Verantwortlichen nun gemeinsam mit Architekt Daniel Eggenberger von Archraum in Altstätten. «Wir erkannten, dass bei unserem Standort Zil noch genügend Bauland vorhanden wäre für eine Erweiterung und liessen durch Daniel Eggenberger zuerst eine Studie machen und dann ein Projekt ausarbeiten», erklärt Hermann Thoma, der nicht nur im Vorstand des Vereins Wohngruppen Sennwald, sondern auch Präsident des Vereins Wohnräume Sennwald ist.

Beim Standort Zil ist noch Bauland vorhanden.
Beim Standort Zil ist noch Bauland vorhanden.
Corinne Hanselmann

Zwei Vereine

Das Haus, das der Verein Wohngruppen Sennwald für seinen Standort Zil mietet, steht im Besitz des Vereins Wohnräume Sennwald. Dieser wird den Erweiterungsbau realisieren und die neuen Räumlichkeiten ebenfalls an den Verein Wohngruppen Sennwald vermieten.

Der Verein Wohnräume Sennwald besteht seit 2012, als dieser das Haus von privat kaufte und mithilfe von Stiftungsgeldern gründlich sanierte, mit dem Ziel, es weiterhin für die Wohngruppen Sennwald nutzen zu können. Der Verein Wohngruppen Sennwald wurde 1994, damals mit dem Namen «Durchgangswohngruppe Kehlen», gegründet. (ch)

Am Standort Zil soll zusätzlich ein zweigeschossiger Holzbau entstehen.
Am Standort Zil soll zusätzlich ein zweigeschossiger Holzbau entstehen.
Visualisierung: PD

Neben dem bestehenden Haus ist ein zweigeschossiger Holzbau auf einem Steinsockel geplant, mit Nasszellen und sechs Zimmern für die Jugendlichen im Obergeschoss. Im Erdgeschoss gibt es Aufenthaltsräume mit Küche, Büro sowie ein Übernachtungszimmer für das Personal. Ein Foyer mit einem gemeinsamen Eingang wird das alte und das neue Haus künftig verbinden. Auf dem begrünten Dach gibt es eine PV-Anlage, der Innenausbau wird komplett in Holz gehalten, ebenso die Fassade. Im gleichen Zug wird zudem die alte Ölheizung ersetzt und eine Wärmepumpe für beide Gebäude installiert.

Ein Ehepaar «mit grossem Herz» finanziert Neubau

«Wir begaben uns auf Geldsuche und haben zu unserer grossen Freude ein Ehepaar mit einem grossen Herz gefunden, das uns mit einer Schenkung den Neubau finanziert», so Thoma. Die Baukosten werden voraussichtlich rund 1,2 Mio. Franken betragen.

Vorgesehen ist, nach den Sommerferien mit den Bauarbeiten zu beginnen, sodass bis zum Winter die Gebäudehülle steht und dann der Innenausbau vorangetrieben werden kann. Der Umzug vom Standort Chelen in den Neubau ist für 2026 geplant.

Etwa so wird der Neubau aussehen.
Etwa so wird der Neubau aussehen.
Visualisierung: PD

Grösse der Wohngruppe bleibt gleich

Die Anzahl Plätze für Jugendliche in Krisensituationen bleibt auch mit dem Neubau wie bisher bei total 13. Betreut werden sie von Sozialpädagogen und Arbeitsagogen. Auch nachts ist immer jemand vor Ort. «Wir sind eine offene Wohngruppe», erklärt Andrea Felber.

Es gibt keine verschlossenen Türen oder Fenster. Die Jugendlichen, die hier wohnen, können das Haus jederzeit verlassen.

Im Fokus stehe die Orientierung nach aussen. «Die Jugendlichen sollen so viel Normalität wie möglich erleben. Sie besuchen die Schule oder machen eine Ausbildung, um die Grundbausteine für ein eigenständiges Leben aufbauen zu können.» Die Aufenthaltsdauer ist mittel- bis langfristig, wobei von wenigen Wochen bis mehrere Jahre alles vorkommt.

Dass künftig alle unter einem Dach untergebracht sein werden, biete viele Vorteile, so Felber. «Wir werden krisenresistenter und flexibler sein, weil alles näher beieinander ist. Die Kommunikationswege sind kürzer und Ressourcen, auch die personellen, werden geschont.»

Räume zum Wohlfühlen entwerfen

Architekt Daniel Eggenberger – der auch beim Neubau des Werkhofs Frümsen und beim Umbau des «Löwen» in Salez involviert war – hat sich der herausfordernden Aufgabe gewidmet, einen wirtschaftlichen Holzbau mit einer behaglichen Atmosphäre für die Wohngruppen Sennwald zu kreieren. «Die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens ist mir eine Freude. Es ist eine schöne Aufgabe und gleichzeitig eine Herausforderung, ökonomische Räume zu gestalten, in denen sich die Jugendlichen wohl und geborgen fühlen können. Es geht hierbei mehr um das Emotionale, als wenn wir beispielsweise einen Gewerbebau entwerfen, der strukturiert und rational organisiert ist.»

Der Erweiterungsbau wird bewusst so auf dem Grundstück platziert, dass zwei grosse, alte Bäume erhalten bleiben, die als Schattenspender und für die Biodiversität einen grossen Nutzen haben.

www.wg-sennwald.ch