Am Donnerstagabend legten Drohnen den Flugverkehr in München lahm. Das lässt unter anderem den Flughafen in Altenrhein aufhorchen. «Wir prüfen aufgrund der Zunahme von Drohnensichtungen in Europa, diese Thematik in unsere Sicherheitspolitik aufzunehmen», sagt Daniel Sollberger, Flugplatzleiter vom Flughafen St.Gallen-Altenrhein.
Ob eine böswillige Aktion hinter den Drohnen in München steckt oder hinter jenen, die am 22. September den Flugverkehr in Oslo und in Kopenhagen störten, ist nicht geklärt. Die dänischen Behörden sprechen von einem Anschlag, die schwedische Regierung verdächtigt Russland und sieht darin eine implizite Botschaft an Länder, welche die Ukraine unterstützen.
Drohnen-Detektor und Lotsen mit Ferngläsern

Am Flughafen in Altenrhein kam es bislang zu keinem vergleichbaren Vorfall, wie Sollberger sagt. Auch auf nationaler Ebene ist bislang alles im grünen Bereich, wie Christian Schubert, Mediensprecher vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), bestätigt. Dennoch möchte sich Sollberger nicht in Sicherheit wiegen.
«Wir hatten einen Vorfall vor neun Jahren, als Private den Abflug unseres Linienflugzeuges von vorne filmen wollten», sagt Sollberger. Der Start des Flugzeugs sei deshalb durch den Kontrollturm «Skyguide» aufgehalten und der Drohnenpilot zur Rede gestellt worden.
Dahinter steckte kein böser Wille und absolute Einsicht.
Seither kam es zu keinen unbewilligten Drohnensichtungen mehr in der verbotenen Zone: Diese umfasst den Flughafen Altenrhein und einen Radius von fünf Kilometern. Das heisst, von Rorschach über Heiden bis nach Rheineck herrscht ohne Bewilligung ein Drohnenflugverbot.
Wer oder was sich im Luftraum um den Flughafen Altenrhein aufhält, hat das Kontrollzentrum normalerweise im Blick – etwa mittels Drohnen-Detektionssystem, welches der Flugplatz im Jahr 2020 als erster Flughafen der Schweiz installierte. Dieses überwacht die Anflugzone aus Westen auf Drohnen. «Dahinter steckt ein reiner Sicherheitsgedanke», sagt Sollberger.
Damit soll verhindert werden, dass es gerade in der kritischen Phase von Start und Landung zu Kollisionen kommt. Die anderen Himmelsrichtungen beobachtet der Kontrollturm mit Ferngläsern.
Aber es ist richtig, dass Drohnen, die etwa in Heiden im verbotenen Luftraum fliegen, nicht unbedingt erkannt werden.
Drohnenstatistik geplant
Wird eine Drohne im verbotenen Raum gesichtet, passen die Fluglotsen den Verkehr umgehend an, um eine Kollision zu vermeiden. Gleichzeitig alarmieren sie die Polizei, um den Piloten der Drohne ausfindig zu machen. «Wenn wir eine böswillige Absicht vermuten, würden wir den Flugplatz im schlimmsten Fall schliessen.» Einem etwaigen Gesetzesbrecher drohen hohe Bussen und bei Gefährdung der Flugsicherheit auch strafrechtliche Folgen.
Am Notfallplan hapert es also nicht, aber an der Statistik innerhalb der Flughafen-Organisation, wie Sollberger sagt. Wenn der Kontrollturm eine Bewilligung erteilt, ist dies in den Systemen der Skyguide ersichtlich, alle unbewilligten Sichtungen hingegen nicht. Das möchte Sollberger nun überdenken. Wie etwa die jährlichen Vogelschläge erfasst werden, sollen allfällig unbewilligte Drohnen ebenfalls einen Platz in der Statistik finden.
«Im Flugverkehr erwägt man unzählige Risiken. Mutwillige, unbewilligte Drohneneinflüge hat man aber bisher so nicht auf dem Radar, wie man sie offenbar auf dem Radar haben sollte», sagt Sollberger.
Vogelschläge sind riskanter als Drohnen

Eine Anpassung der Drohnensicherheit wäre zurzeit eher eine Vorsichtsmassnahme als eine Notwendigkeit. In den letzten zehn Jahren kam es laut Schubert vom BAZL schweizweit zu genau einem Unfall: 2018 kollidierten ein Helikopter und eine Drohne im Verzascatal. Zum Vergleich: Im letzten Jahr wurden 388 Zusammenstösse von Flugzeugen mit Wildtieren gemeldet, wie Schubert sagt. Darunter fallen Vögel oder bei Start und Landung etwa auch Hasen und Füchse.
Auch auf nationaler Ebene laufen Bestrebungen, unbemannte Luftfahrzeuge wie Transport- und Freizeitdrohnen für den Luftverkehr und die Flugsicherung «sichtbarer» zu machen, etwa mithilfe von Sensoren. Das Projekt «U-Space» (Digitaler Luftraum) hat genau das zum Ziel. «Voraussichtlich starten wir Ende dieses Jahres mit dem Pilot-Projekt», sagt Schubert.
«Nicht so auf dem Radar, wie man es offenbar haben sollte»: Flughafen Altenrhein überdenkt Drohnen-Konzept