Schritt in die Selbstständigkeit: Eigene Wohnung für Alkoholkranke | W&O

Stein 04.04.2024

Schritt in die Selbstständigkeit: Eigene Wohnung für Alkoholkranke

Der Felsengrund im Obertoggenburg bietet Suchtkranken ein Zuhause. Nun baut er sein Angebot aus.

Von Lara Wüest
aktualisiert am 04.04.2024

Viele alkoholkranke Menschen haben ihr Leben nicht mehr im Griff, sie brauchen Hilfe von aussen. Unterstützung finden sie zum Beispiel im Felsengrund in Stein.

Dort lernen Betroffene, ohne Alkohol und Drogen zu leben. Nun hat der Felsengrund, eine Institution des Blauen Kreuzes St. Gallen-Appenzell, sein Angebot ausgebaut. Seit Anfang Jahr bietet er das sogenannte institutionelle Einzelwohnen an. Dieses richtet sich an Personen mit Suchtproblemen oder psychischen Erkrankungen, die selbstständig wohnen möchten, aber nach wie vor auf Unterstützung angewiesen sind.

Die Personen beziehen eine eigene Wohnung, die dem Felsengrund gehört. Sie werden weiterhin engmaschig betreut. Etwa, indem sie jeden Tag in den Felsengrund pendeln oder von jemandem aus dem Team besucht werden.

Flexiblere Wohnformen, ein Trend

Martin Schmid, Leiter des Felsengrunds, sagt: «Das institutionelle Einzelwohnen ist genau das Richtige für Menschen, die ein eigenverantwortliches Leben führen möchten.» Die Einführung dieser neuen Wohnform spiegelt gemäss dem Felsengrundleiter auch einen Trend:

Wir sehen eine Entwicklung hin zu flexibleren Wohn- und Dienstleistungsformen für Menschen mit Suchtproblemen oder psychischen Erkrankungen.

Der Felsengrund verfügt bereits über ein ähnliches Angebot: die sogenannten Integrationswohnplätze. Auch dabei beziehen Betroffene eine eigene Wohnung und werden von Fachleuten aus dem Felsengrund eng in ihrem Alltag ­begleitet.

In einem Punkt unterscheidet sich diese Wohnmöglichkeit jedoch vom Einzel­wohnen. Sie ist auf zwei, in seltenen Fällen drei Jahre befristet. Das Einzelwohnen ist unbefristet.

Neben den obigen Angeboten bietet der Felsengrund zwei weitere Wohnformen. Suchtkranke können zum Beispiel auch das betreute Wohnen nutzen. Dabei leben sie im Felsengrund und werden engmaschig betreut. Der Felsengrund verfügt über 25 möblierte Einzelzimmer.

Enge Zusammenarbeit mit der Berit-Klinik

Für Menschen, die bereits wieder Fuss gefasst haben und einen weiteren Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchten, gibt es zudem das begleitete Wohnen extern. Dabei leben die Menschen in ihrer eigenen Wohnung. Sie erhalten viel weniger Betreuung als die Personen des Einzelwohnens oder des integrierten Wohnens und werden noch einmal pro Woche oder alle zwei Wochen für zwei Stunden vom Felsengrundteam besucht.

Auch die Berit-Klinik in Wattwil verfügt über eine Abteilung für alkoholkranke Menschen. Dort unterziehen sich Betroffene einer vierwöchigen Alkoholkurzzeittherapie auf der psychosomatischen Abteilung (PSA). Schmid erklärt es so:

Wattwil ist eine Kurzzeit-Therapie für Menschen mit Alkoholproblemen, die sich mit ihrem Suchtverhalten auseinandersetzen möchten.

Der Felsengrund dagegen ist ein betreutes längerfristiges Wohnen mit Tagesstruktur für Menschen mit einer Sucht- oder psychischen Erkrankung. Man würde aber eng mit der Berit-Klinik zusammenarbeiten.