Verunsicherung und viel Ärger: Alphütten-Knatsch noch nicht vom Tisch | W&O

14.11.2022

Verunsicherung und viel Ärger: Alphütten-Knatsch noch nicht vom Tisch

Um die Eigentumsverhältnisse auf Alpen im Toggenburg zu klären, gewährt der Kanton mehr Zeit. Doch zufrieden sind damit nicht alle.

Von PD
aktualisiert am 28.02.2023
«Zuerst haben sie uns die Alpzimmer weggenommen, und jetzt nehmen sie uns auch noch das Miteigentum an der Alp weg», sagte Landwirt Jakob Knaus aus Unterwasser unlängst in einem Beitrag von TVO. Nun will er einen Baurechtsvertrag machen und sich mit juristischen Mitteln wehren, dass er als Eigentümer des von ihm genutzten Alpgebäudes eingetragen wird, berichtet FM1-Today. Knaus ärgert sich über eine «Verzögerung» des Kantons.

Externe Vertrauensperson eingesetzt

Doch worum geht es eigentlich? Durch eine Praxisänderung bei einzelnen Grundbuchämtern hätten sich die Rechnungsempfänger für die St. Galler Gebäudeversicherung (GVA) geändert. «Die Rechnungen gingen an die Alpkorporationen und nicht mehr an die Nutzer der Alpgebäude», erklärt Alexander Gulde, Leiter des St. Galler Amtes für Gemeinden und Bürgerrecht. Die Alpbauern standen plötzlich vor dem Nichts. Im Grundbuch seien die Alpkorporationen schon seit Jahrzehnten als Eigentümer eingetragen. Daran habe sich nichts geändert. «Es geht jetzt darum, Ansätze zur Klärung der rechtlichen Situation aufzuzeigen.» Besitzverhältnisse Ursprünglich verliehen die Klöster als Eigentümer der Alpen im Toggenburg die Alprechte gegen Abgaben an die Bauern. Ab dem 16. Jahrhundert wurden viele Bauern Eigentümer der Alpen. Sie schlossen sich zu Genossenschaften zusammen. Später entstanden daraus Alpkorporationen. Die Besitzverhältnisse wurden schriftlich in Urkunden oder Alpbüchern festgehalten. Seit der Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) im Jahr 1912 gilt, dass sich das Eigentum an Grund und Boden auch auf die sich darauf befindenden Gebäude erstreckt. «Die Eigentumsverhältnisse an den Alpgebäuden haben in letzter Zeit zu grosser Verunsicherung geführt», sagt Laura Bucher, Vorsteherin Departement des Innern gegenüber TVO. «Wir haben entschieden, dass wir den betroffenen Alpkorporationen verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufzeigen wollen», sagt Bucher weiter. Zudem habe der Kanton eine externe Vertrauensperson eingesetzt, um neu bis Ende des Jahres 2025 Lösungen zu finden. «Wir sind mit den meisten Bauern auf gutem Weg, dennoch gibt es noch gewisse Herausforderungen», sagt Bucher weiter. Ein rechtliches Verfahren in dieser Thematik ist zurzeit hängig.

Baurecht einräumen

Die Vertrauensperson soll die Alpkorporationen und die Nutzer der Alpgebäude über die Möglichkeiten informieren, wie sie ihr Verhältnis regeln können. Hierzu stünden diverse Möglichkeiten zur Verfügung, wie beispielsweise eine langfristige vertragliche Regelung oder die Einräumung eines Baurechts. Eigentlich hätten für eine bessere Rechtssicherheit bis Ende Jahr die Statuten mit den Eigentumsverhältnissen neu geregelt werden müssen. Das habe mehr Fragen aufgeworfen und viele der Älpler verärgert. Deshalb verlängert die Regierung die Frist um drei Jahre. Das Departement des Innern hat angesichts der aktuellen Fragestellungen die Musterstatuten Mitte Februar 2022 überarbeitet und stellt neu eine Variante zur Verfügung, welche die Vergabe von Baurechten nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt.