Aus 50 Quadratmetern Holz und 200 Schrauben eine Kulisse für die Götter gebaut | W&O

14.10.2022

Aus 50 Quadratmetern Holz und 200 Schrauben eine Kulisse für die Götter gebaut

Der Buchser Schreiner René Ulmer hat die Bühne für die diesjährige Fabriggli-Eigenproduktion «Götter speisen Götterspeisen» erstellt.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 28.02.2023
  Von «den Brettern, die die Welt bedeuten» schrieb Friedrich Schiller einst – seither gilt dieser Ausdruck als Synonym für eine Theaterbühne. Für die Schauspielerinnen und Schauspieler des Fabriggli-Teams bedeuten diese Bretter der griechische Olymp. Für Kulissenbauer René Ulmer hingegen bedeuteten sie in erster Linie Arbeit. 50 bis 60 Stunden hat er investiert, um aus 50 Quadratmetern Holz die Bühne der diesjährigen Eigenproduktion «Götter speisen Götterspeisen» zu erstellen.

200 Schrauben verwendet

Das Bühnenbild ist schlicht, weiss und besteht neben dem Bühnenelement aus Treppenstufen, einem Tisch und Säulen. René Ulmer sagt:
Auf den ersten Blick sieht man der Bühne nicht an, dass sie aufwendig war.
Da aber die bestehenden Fabriggli-Elemente nicht verschraubt werden durften, musste er alternativ über 100 Klemmen fixieren. Für die neu erstellten Elemente durfte er Schrauben verwenden. «200 waren es an der Zahl», so Ulmer.

Treppen aus massivem Holz hergestellt

Nur Holz und Schrauben hat der Schreiner aus Buchs für die Erstellung des griechischen Olymps im Fabriggli benötigt. Ulmer sagt:
Die Materialkosten beliefen sich auf 2500 Franken.
Für die Treppen habe er massives Holz verwendet, damit es das Gewicht der Schauspielerinnen und Schauspieler trägt und sicher ist. Treppen und Säulen hingegen wurden aus günstigem Holz hergestellt. Zum einen musste René Ulmer das Budget einhalten und zum anderen werden diese Elemente nach der Derniere sowieso entsorgt.

Aus Goodwill gemacht

Wie üblich beim Theater hat René Ulmer etliche Stunden auf freiwilliger Basis gearbeitet. Er erhält pauschal eine Vergütung als Wertschätzung, was die effektiven Arbeitskosten nicht decken. René Ulmer sagt:
Ich mache das aus Goodwill gegenüber dem Fabriggli.
 René Ulmer bei seiner Arbeit an der Fabriggli-Kulisse.
René Ulmer bei seiner Arbeit an der Fabriggli-Kulisse.
Bild: Lukas Hohmeister

Corona war Glücksfall

Bereits im Jahr 2019 hat René Ulmer für die damalige Fabriggli-Eigenproduktion «37 Ansichtskarten» das Bühnenbild erstellt. Im Jahr darauf fanden coronabedingt keine Aufführungen statt. Das war für René Ulmer im Nachhinein ein Glücksfall, da es für ihn schwierig ist, den Bühnenbau mit den Aufträgen seiner Schreinerei unter einen Hut zu bringen. «Während dem diesjährigen Kulissenbau war Dreiviertel meiner Garage mit Bühnenelementen belegt.»

Ein Nachtmensch

Den Bühnenbau hat René Ulmer bewusst zeitlich kompakt gehalten. Anfang September hat er sich mit Regisseurin Claudia Ehrenzeller besprochen. Danach hat er innerhalb von zwei Wochen alle Elemente gebaut – oft bis in die Nacht hinein. Er sei ein Nachtmensch und benötige nicht viel Schlaf. So arbeitete er abends bis 18 Uhr für seine Kundschaft und ab 20 Uhr für das Fabriggli. René Ulmer sagt:
Manchmal wurde es Mitternacht, ein oder sogar zwei Uhr morgens.

Möbel und Pfeifen stellt er gerne her

Nächstes Jahr lässt sich der selbstständig arbeitende Schreiner René Ulmer pensionieren. Dann hat er mehr Zeit für die Fabriggli-Kulissen, wie er sagt. Einzelne Aufträge für Kollegen werde er aber dennoch annehmen. Vor allem Möbel stellt der 64-jährige Buchser gerne her. Zudem wird er seiner Leidenschaft, dem Herstellen von Pfeifen nachgehen. Vielleicht benötigt das Fabriggli bei seiner übernächsten Eigenproduktion ja viele Möbel. Oder Pfeifen.
 So sieht die diesjährige Bühne der Fabriggli-Eigenproduktion aus.
So sieht die diesjährige Bühne der Fabriggli-Eigenproduktion aus.
Bild: PD
  «Die Kulisse soll unterstützen, aber nicht ablenken» Regisseurin Claudia Ehrenzeller, die erstmals im Fabriggli Regie führt, hat das diesjährige Bühnenbild bewusst schlicht gehalten. «Die Kulisse soll unterstützen, aber nicht ablenken. Oder anders gesagt: Sie soll nicht Hauptdarsteller sein, sondern nur einen Nebenpart übernehmen.» Wichtig ist der Regisseurin, dass die Kulisse auf mehreren Ebenen funktioniert. «Das Publikum blickt eineinhalb Stunden auf die Bühne. Deshalb soll das Bühnenbild überraschen.» Aus diesem Grund arbeitet die in Buchs aufgewachsene Regisseurin mit Projektionen. Um eine Idee von Form und Aussehen der Architektur in der griechischen Mythologie zu erhalten, hat Claudia Ehrenzeller lange recherchiert und viele Bilder gesichtet. «Ich wollte das halbrunde, amphietheatermässige in der Kulisse widerspiegeln.» Aufgrund der Projektionen hat sie sich jedoch dafür entschieden, die Säulen und den Tisch eckig zu gestalten. (ag)   Hinweis: Premiere: 29. Oktober; weitere Vorstellungen: 4./5./10./12./13./18./19. November, 20 Uhr, www.fabriggli.ch