Da waren es Klosterfrauen | W&O

Buchs vor 14 Stunden

Da waren es Klosterfrauen

Peter Sutter plädiert in seinem Leserbrief für mehr Toleranz.

Von Peter Sutter
aktualisiert vor 14 Stunden
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Auf einem Ausflug mit meiner afghanischen Gastfamilie erblicken wir auf einem Rastplatz fünf Frauen mit Kopftuch. Oh, das sind vielleicht Frauen aus Afghanistan? Doch beim Näherkommen entpuppen sich die vermeintlichen Afghaninnen als eine Gruppe älterer Frauen, Schweizerinnen, Katholikinnen, Klosterfrauen aus der Innerschweiz. Das Beispiel entlarvt die Widersprüchlichkeit und Scheinheiligkeit in der Debatte um kopftuchtragende Musliminnen.

Bei Katholikinnen wird das Kopftuch fraglos akzeptiert, bei Musliminnen wird es von nicht wenigen Einheimischen als Zeichen von Fanatismus oder Unterwerfung von Frauen unter den Willen von Männern interpretiert.

Das zeigt: Es handelt sich offensichtlich nicht um sachliche Begründungen, sondern vielmehr um Vorurteile aufgrund einer leider allzu tief sitzenden Ablehnung zahlreicher Menschen gegenüber einer anderen Kultur und Religion. Bei keiner Einzigen der muslimischen Frauen, die ich persönlich kenne und die ein Kopftuch tragen – einige fast immer, andere nur selten oder nur bei besonderen Anlässen –, habe ich eine Bestätigung für jene weit verbreiteten Vermutungen gefunden, die immer wieder zu hören sind.

Im Gegenteil: Es handelt sich um wunderbare, feinfühlige, sehr sozial eingestellte, intelligente, tolerante und häufig sogar besonders selbstbewusste Frauen. Menschen aufgrund eines bestimmten Kleidungsstücks zu schubladisieren und in eine negativ behaftete Ecke zu drängen, dies erscheint mir einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft unwürdig zu sein und dürfte eigentlich in der heutigen Zeit kein Thema mehr sein.

Ausser man will bewusst Menschen auseinanderspalten, indem man mit allen Mitteln etwas Trennendes zu finden versucht, statt die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was viel wichtiger und grösser ist und alle Menschen über alle Grenzen hinweg miteinander verbindet: die Menschlichkeit. Mit oder ohne Sari, Kimono, Appenzeller Tracht oder Lederhosen. Mit oder ohne Dächlikappen, Baseballmützen, Turbanen oder Rastalocken. Mit oder ohne Kopftuch.

Peter Sutter,
Wiedenstrasse 32, 9470 Buchs