Ein Landwirt entnahm ohne Bewilligung Kies an der Thur und stand vor Gericht | W&O

29.12.2022

Ein Landwirt entnahm ohne Bewilligung Kies an der Thur und stand vor Gericht

Ein angeklagter Landwirt wurde vom Vorwurf des Vergehens gegen das Gesetz über den Schutz der Gewässer und das Bundesgesetz über die Fischerei freigesprochen. Ganz ungeschoren kam er aber nicht davon.

Von Christof Lampart
aktualisiert am 28.02.2023
Ein Toggenburger Landwirt entnahm im Dezember 2021 in der Nähe der Thur Sand und Kies, um damit eine auf seinem Grundstück erstellte Sickerleitung aufzuschütten. Die Menge an Kies, die er mit einem kleinen Traktor abtransportiert hatte, bezifferte die Staatsanwaltschaft auf rund einen Kubikmeter – der Landwirt selbst ging von rund der Hälfte aus. Zu klären war am Kreisgericht Toggenburg in Lichtensteig also nicht die Frage, ob er Kies entnommen hatte, sondern ob er es hätte entnehmen dürfen.

Bauer sah die Sachlage anders

Denn während die Anklage im Strafbefehl festgehalten hatte, dass der Landwirt «ohne Bewilligung Kies ausbeutete», sah dies der Bauer anders. Er habe auf seinem Land angeschwemmtes Material abtransportiert, das in der Nähe des Waldrandes gelegen habe, «wie das auch schon mein Vater gemacht hat». Er habe jedoch den Kies mitnichten aus dem Fluss geholt, wie es die Anklage ihm vorwarf. Tatsächlich ging diese davon aus, dass er «durch die Gewinnung von Kies aus einem Gewässer unbefugte technische Eingriffe in die Gewässer, ihren Wasserhaushalt und den Grund von Gewässern» vorgenommen habe, ohne über eine Bewilligung der kantonalen Behörde für Fischerei zu verfügen.

Den falschen Ort beobachtet

Der Anwalt des Landwirtes legte dar, dass hier ein Bagatellfall unnötig aufgeblasen werde. Es gehe hier um einen Materialwert von 8 bis 16 Franken und um eine Staatsanwaltschaft, die am Ziel vorbeischiesse. Denn der Mann, der die Kiesentnahme aus der Ferne beobachtete und zur Anzeige brachte, habe eine um rund 100 Meter versetzte Stelle im Wasser angegeben; dort habe man jedoch keine Spuren einer Kiesentnahme entdecken können, was daran liege, dass dort nie Kies herausgenommen worden sei.

Ob es eine Bewilligung gebraucht hätte, musste geklärt werden

Ausserdem befände sich an der besagten Stelle eine Abbruchkante. Der Anwalt sagte:
Wenn mein Mandant mit dem Traktor dort drauf gefahren wäre, dann wäre er garantiert im Wasser gelandet.
Der Klärung bedurfte allerdings die Frage, ob es für den Abbau eines Kubikmeters Kies eine Kiesentnahmebewilligung des Kantons brauche oder nicht.

 «Im Bereich einer Bagatelle»

Der Landwirt wurde vom Vorwurf des Vergehens gegen das Gesetz über den Schutz der Gewässer und das Bundesgesetz über die Fischerei freigesprochen. Man sei hier, wenn man auf das Gewässerschutzgesetz abstelle, «im Bereich einer Bagatelle» und von einer «Ausbeutung» oder «Gewinnung» könne bei einem Kubikmeter Kies nicht die Rede sein.

Gericht erkennt keine Gefährdung

Davon würde man reden, wenn man beim Abbau von der Grösse einer Kiesgrube ausgehe, nicht aber von ein paar Schaufeln Kies, die auf einen Traktor verladen würden. Auch dass Fische und andere Wassertiere zu Schaden gekommen seien, wie es die Anklage formulierte, erachtete der Richter als wenig wahrscheinlich. Der Richter sagte:
Hier liegt nichts vor, was die Gefährdung von Fischen und Krebsen rechtfertigen würde. Die konkrete Gefährdung müsste die Anklage darlegen.

Busse, Prozesskosten und Anwaltskosten

Ganz ungeschoren kam der Landwirt nicht davon, erkannte der Richter beim Abbau des Kieses auf einen Übertretungstatbestand, da er Kies in einer Menge entnommen habe, der «den Gemeingebrauch im Privaten übersteigt». Der Landwirt wurde zur Busse von 300 Franken oder drei Tagen Haft verurteilt. Auch muss er je einen Viertel der Prozesskosten von 950 Franken sowie der Anwaltskosten von 4532 Franken tragen; für den Rest kommt der Staat auf.