«Da waren es Klosterfrauen», Ausgabe vom 2. September
Der Verfasser des Leserbriefes macht einen klassischen Denkfehler. Er setzt unterschiedliche Symbole und kulturelle Praktiken gleich – ohne den politischen und historischen Kontext zu berücksichtigen. Deshalb hinken die konstruierten Vergleiche gewaltig.
Erstens: Klosterschleier und Kopftuch. Der Nonnenschleier ist eine persönlich frei gewählte religiöse Uniform innerhalb einer klar abgegrenzten Gemeinschaft. Wer in ein Kloster eintritt, tut es auf freiwilliger Basis. Das islamische Kopftuch ist in weiten Teilen der Welt ein religiös erzwungenes Symbol, das sehr oft mit sozialem Druck, familiärer Gewalt oder sogar mit staatlichen (Scharia) Strafen verbunden ist. Es markiert Frauen nach aussen sichtbar und trennt sie in züchtig und unzüchtig.
Zweitens: Appenzeller Tracht oder Lederhosen. Das sind kulturelle Accessoires ohne ideologische Aufladung. Niemand wird stigmatisiert, weil er keine Lederhosen trägt. Dieser Vergleich ist fast zynisch. Das Kopftuch dagegen ist in vielen Kontexten ein Symbol der Kontrolle über Frauen.
Drittens: Gefährliche Naivität des Mainstreams. Wer Kopftuch und Nonnenschleier gleichsetzt, blendet die schlimme Tatsache aus, dass der politische Islam das Kopftuch bewusst als Identitätssymbol instrumentalisiert. Diese tolerante Gleichmacherei verharmlost die Tatsache, dass islamistische Bewegungen, auch in Westeuropa, aktiv dabei sind, Gesellschaften nach Scharia-Prinzipien umzuformen.
Viertens: Aufgabe der eigenen Werte. Wenn Spitzenpolitiker (selbst ein Bundesrat) gegenüber dem Islam eine Willkommenskultur entwickeln und dabei zum Beispiel das Kopftuch als kulturelle Vielfalt deklarieren, ignorieren sie die Erfahrungen in islamistischen Mehrheitsländern, wo gerade dieses Symbol eng mit Unterdrückung, Gewalt und Entrechtung verbunden ist. Diese gefährlich laxe Politik ohne klare Grenzen und ohne Schutz der eigenen Werteordnung ist faktisch eine schleichende Selbstaufgabe.
Fünftens: Globale Realität. Wo Islamismus sich durchsetzt, kippt die Lage für Frauen und Minderheiten dramatisch. In Europa entstehen nicht nur in den Grossstädten Parallelgesellschaften und kalifatähnliche Räume, die sich der staatlichen Autorität entziehen. In Wien sind bereits Scharia-Urteile gefällt worden. Dass Gewalt gegen Frauen, antisemitische Übergriffe und Clan-Strukturen in vielen Städten mit islamistischen Milieus zusammenhängen, ist leider Tatsache. Wer dies beschönigt oder leugnet, betreibt Realitätsverweigerung.
Zu guter Letzt: Dass der Leserbriefautor eine afghanische Gastfamilie beherbergt, verdient grösste Anerkennung.
Gallus Erne,
Kerbelstrasse 20, 9470 Buchs
Ein Vergleich, der sehr stark hinkt