Jagdmotion über Jagdplanung beim Rotwild stösst auf Widerstand | W&O

31.08.2022

Jagdmotion über Jagdplanung beim Rotwild stösst auf Widerstand

St. Galler Kantonsrätinnen und Kantonsräte sehen Handlungsbedarf  in der Regulation des Rotwildbestandes.

Von michael.kyburz
aktualisiert am 28.02.2023
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Am 19. September stimmt der St. Galler Kantonsrat über die Motion «Jagdplanung für das Rotwild anpassen» ab. Im Motionstext werden zahl­reiche Mängel in Bezug auf die regulierenden Abschusszahlen des Rotwildes genannt. Besonders in der Erfüllung der kantonalen Vorgaben und in der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Jagdrevieren und den Rotwildhegegemeinschaften (RHG) bestehe Handlungsbedarf. Zukünftig solle der Kanton St. Gallen die notwendigen Instrumente erhalten, um die Abschussvorgaben durchsetzen zu können. Diesen Vorwürfen und Forderungen stellt sich der Dachverband der St. Galler Jagd, Revierjagd St. Gallen (RJSG), vehement entgegen.

Kantonale Vorgaben sind mehr als nur blanke Zahlen

Im Motionstext ist vermerkt, dass die RHG (in St. Gallen gibt es drei RHG) die jährlichen Vorgaben für Abschüsse nur teilweise erreichten. Dies habe zur Folge, dass die Rotwildpopulation stark ansteige und sich dementsprechend negativ auf die Lebensräume wie Wald und Landwirtschaft auswirke. Jules Mullis, Vize-Präsident RJSG, widerspricht:
Im kantonalen Vergleich ist die Revierjagd in St. Gallen überdurchschnittlich effizient.
Im Kantonsgebiet werden jährlich rund 50 % des Rotwildbestandes durch Abschüsse reguliert. In Graubünden sind es rund 30 %. In Bezug auf die einzelnen RHG sollten nicht nur die blanken Zahlen angeschaut werden. Nic Wohlwend, Obmann RHG 1 (Werdenberg/Toggenburg) erklärt:
Es gibt weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.
Zwar erreichten nicht alle RHG in jedem Jahr die vorgegebenen Abschüsse, allerdings lag im Zeitraum von 2016 bis 2021 nur die RHG 1 mit knapp 90 % unter den kanto­nalen Vorgaben. Die beiden anderen RHG erfüllten mit über 100 %.

Vorgaben sind keine wissenschaftliche Grösse

Was sind die Gründe, dass die Vorgaben nicht erreicht werden? Zum einen sei die Jagd von der Witterung abhängig und zum anderen haben die geschätzten Abschusszahlen einen massgeblichen Einfluss. «Die Abschussziele sind keine wissenschaftliche Grösse», erklärt Wohlwend. «Diese können auch zu hoch angesetzt werden. Wie im vergangenen Jahr», führt er weiter aus.

Neue Methode zur Schätzung des Bildbestands

Neu werden die Bestände mittels Wärmebildkamera ermittelt. Daher sind die Schätzungen genauer als zuvor. Wie in den vergangenen Jahren wurde der so ermittelte Wert mit einem Aufschlag von 15 % versehen. Wohlwend führt an:
Dies stellte sich als zu viel heraus. Zukünftig reicht ein Aufschlag von 10 % aus.
Falls die Vorgaben nicht erreicht werden, heisse das nicht zwingend, dass die Population wachse, sondern in den meisten Fällen ein Halten des Bestandes. Besonders dann, wenn die Abschussziele bei weiblichen und somit den reproduzierenden Tieren erfüllt wurde.

Ein Misstrauensvotum gegen die Milizjagd

Den Vorwurf, dass die Schäden durch den Rotwildbestand zunehmen, kann Jules Mullis nicht nachvollziehen: «In der laufenden Pachtperiode (seit 2016) sind beim Rotwild knapp 9000 Franken an Wildschäden entstanden.» Für den Fall von Wildschäden zahlen die Revierpächter jährlich rund 100000 Franken in einen Fonds ein.

Potenzial für längerfristige Verbesserungen

Peter Weigelt, Präsident RJSG, sieht daher keinen gesetzlichen Handlungsbedarf. «Der Kanton hat bereits heute nach der gültigen Jagdverordnung die Möglichkeit, bei Mängeln regulativ einzugreifen.» Diese Motion würde die St. Galler Jagd in ihren Grundfesten verändern und einen Teil der Jagdausübung in die Hand der Verwaltung übertragen, so das Fazit der Revierjagd St. Gallen. Weigelt führt aus:
Wir sind uns bewusst, dass es immer Potenzial gibt, die Jagd längerfristig zu verbessern.
Dazu gehöre auch die Zusammenarbeit von Jagd, Forst und der Landwirtschaft, besonders bei der Thematik der «tragbaren Wildschäden».