«Kommt bestimmt in gute Hände»: Die Ortsgemeinde Buchs will das «Alte Pfarrhaus» kaufen | W&O

Buchs 20.02.2023

«Kommt bestimmt in gute Hände»: Die Ortsgemeinde Buchs will das «Alte Pfarrhaus» kaufen

Die Liegenschaft kostet 2'379'500 Franken. Über Gutachten und Antrag wird an der Bürgerversammlung abgestimmt.

Von Heini Schwendener
aktualisiert am 22.03.2023
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Seit bekannt ist, dass die Bibliothek Buchs und die Ludothek Werdenberg in neuen Räumlichkeiten im Zentrum Neuhof zusammengelegt werden sollen, hat die Ortsgemeinde Buchs ihr Interesse an der Liegenschaft Nr. 83 an der Kirchgasse 2 bekundet. Diese gehört der Stadt Buchs. Die von ihrem Platzbedarf her grösste Mieterin des «Alten Pfarrhauses», wie die Liegenschaft auch genannt wird (vgl. Kasten), ist die Bibliothek Buchs. Sie hat den Mietvertrag per Ende 2024 gekündigt. Die Stadt ist bereit, ihre Liegenschaft zum Preis von 2'379'500 Franken zu verkaufen. Weil diese Summe die Finanzbefugnisse des Verwaltungsrates der Ortsgemeinde übersteigt, haben die Ortbürgerinnen und -bürger das letzte Wort.

Warum will die Ortsgemeinde kaufen?

Gemäss Heini Senn, Präsident der Ortsgemeinde, sieht der Verwaltungsrat «grosses Potenzial im Gebäude». Doch was heisst das genau? Das kann Senn noch nicht konkretisieren. Denkbar wäre beispielsweise ein öffentlich zugänglicher Bereich. Eines betont Heini Senn mit Nachdruck:

Bei der Ortsgemeinde kommt dieses kunsthistorisch wertvolle Gebäude bestimmt in gute Hände.

Die Liegenschaft passt sicher gut ins Portfolio der Ortsgemeinde, die sich ja auch den Erhalt historischer Kulturgüter auf die Fahne geschrieben hat. Einige Ortsgemeinden im Kanton sind selbst in solch wertvollen und repräsentablen Gebäuden einquartiert.

 Das «Alte Pfarrhaus» und die Kirche vor dem Neubau.
Das «Alte Pfarrhaus» und die Kirche vor dem Neubau.
Bild: PD

Bürostandort hätte den Vorteil der Zentrumsnähe

Die Ortsgemeinde Buchs möchte ihre Kanzlei 2025 von der Ulmenstrasse 2 ins «Alte Pfarrhaus» verlegen. Die frei werdende Bürofläche würde vermietet. Ein Verkauf der Liegenschaft Ulmenstrasse 2 sei nicht vorgesehen. Der neue Bürostandort hätte den Vorteil der Zentrumsnähe. Der Zugang wäre zudem hindernisfrei, z. B. für Menschen im Rollstuhl. Im Gutachten und Antrag zuhanden der Bürgerversammlung vom 20. März heisst es: «Das Grundstück Nr. 83 wurde 2021 auf einen Sachwert von 2'298'000 Franken und einen Neuwert von 2'800'000 Franken geschätzt.» Die Finanzierung des ausgehandelten Kaufpreis sei durch Eigenmittel und einen Bankkredit sichergestellt. Der Wert der Liegenschaft werde den Anlagen im Finanzvermögen gutgeschrieben, heisst es weiter. Die Ortsbürgerschaft hat über zwei Anträge abzustimmen: Einerseits über den Kauf der Liegenschaft für besagten Preis. Andererseits wird beantragt: Der Mietzins von 54'300 Franken pro Jahr (exklusive Nebenkosten) wird der Bibliothek Buchs für den Rest der Mietdauer als zusätzlicher Beitrag gutgeschrieben. Denn schon die Stadt Buchs hat den Mietzins in gleicher Höhe als zugesicherten Gemeindebeitrag der Bibliothek jeweils wieder gutgeschrieben.

 Die bronzene Tafel erinnert an den Sohn des Bauherrn.
Die bronzene Tafel erinnert an den Sohn des Bauherrn.
Bild: Heini Schwendener

Die drei übrigen Mietverhältnisse ergeben Mieteinnahmen von 22'800 Franken pro Jahr (inklusive Nebenkosten). Die Liegenschaft Nr. 83 an der Kirchgasse 2 hat eine Grundstücksfläche von 780 m2. Das «Alte Pfarrhaus» verfügt über ein Kellergeschoss (Archivraum, Gewölbekeller, WC etc.). Im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss ist die Bibliothek eingemietet. Im 2. Obergeschoss und im Dachgeschoss (mit Galerie) gibt es Büroräumlichkeiten.

Dokumentiert im Kunstdenkmäler-Buch

Im Werdenberg-Band der Buchreihe «Kunstdenkmäler der Schweiz» ist auch ein Abschnitt dem Wohnhaus Zur Sonne (heute Gemeindebibliothek) an der Kirchgasse 2 in Buchs gewidmet. Das Haus sei einer der wenigen authentischen Zeugen des Wiederaufbaus nach 1839, wird in diesem Buch festgehalten. Das Wohnhaus wurde 1840 vom vermögenden Nationalrat und lokalgeschichtlich bedeutenden Bezirksammann Christian Rohrer gebaut, für 4000 Gulden. Gemäss mündlicher Überlieferung soll das Wohnhaus auch als Wirtshaus gedient haben, allerdings fehlen Quellen, die dies auch schriftlich belegen. Mit den Bauten im Umfeld der Kirche galt es damals als vornehmster Wohnplatz im Dorf und wird durchwegs als «Heimwesen zur Sonne» geführt. 1869 hatte es einen Assekuranzwert von 16'000 Franken und zählte damit zu den hochwertigsten Häusern der Region.

Christian Rohrer musste 1869 mit seinem 1861 gegründeten Holzhandel Insolvenz anmelden. Das Wohnhaus blieb aber bis 1881 in seinem Besitz. Dann kaufte es die Kirchgemeinde. Fortan wurde es als Pfarrhaus genutzt, daher wird heute auch vom «Alten Pfarrhaus» gesprochen (vgl. Hauptartikel). 1987 kaufte die Gemeinde Buchs das Wohnhaus. Es wurde vom Architekturbüro Leemann umgebaut und beherbergt seit 1988 die Gemeindebibliothek und Büros. Eine Bronzetafel beim Eingang zur Kantonsstrasse  hin erinnert an des Sohn des Bauherrn, den nach Zürich umgezogenen Arzt und Liederdichter Dr. Friedrich Rohrer, der am 30. April 1848 in diesem Haus geboren wurde.

Im Kulturdenkmäler-Buch heisst es: «Ausstattungselemente der Bauzeit haben sich nur wenige erhalten, so u. a. einige qualitätsvolle Nussbaumtüren sowie Wand- und Deckentäfer im Obergeschoss». Der Kachelofen im Obergeschoss der Gemeindebibliothek stammt aus dem Jahr 1883 und zierte einst die Wohnstube des Pfarrers. Der Ofen hat Bildkacheln musizierender Damen in mittelalterlichen Gewändern. Er wurde von den Gebrüdern Schedler aus Sevelen erstellt. Der sogenannte Jungbrunnen, ein marmoriertes Becken im Küchenbereich, der im Jahr  1898 auf Wunsch des Pfarrherren ins Pfarrhaus kam, gilt als Rarität. (she) Quelle: Carolin Krumm, Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Kanton St. Gallen. Die Region Werdenberg. Gesellschaft für Schweizer Kunstgeschichte, Bern 2020.