Wenn’s mal richtig brennt, hilft der Gartenschlauch nichts mehr. Logisch, ja. Dass aber etwa der Brand eines Einfamilienhauses rasch mehrere Tausend Liter Wasser verschlingt, bis er unter Kontrolle ist, dürfte vielen nicht bewusst sein. Von der benötigten Durchflussmenge ganz zu schweigen. Was es bedeutet, wenn ein Objekt zu weit vom nächsten Löschwasseranschluss entfernt liegt, zeigte der Brand eines Maiensässes am Sevelerberg Ende Dezember 2024: Bis auf den Schläuchen Druck war, vergingen 45 Minuten. In der Zwischenzeit waren den Einsatzkräften vor Ort schlichtweg die Hände gebunden.
Ein solches Szenario probten am 16. August 38 Einsatzkräfte der Feuerwehr Werdenberg Süd (FWWS) sowie über 50 Kinder und Jugendliche der Jugendfeuerwehr Werdenberg. Die Aufgabe: den Weiler Bidenberg und den benachbarten Hof Pfüfis am Buchserberg permanent mit Löschwasser und einer Durchflussmenge von mindestens 1000 Litern pro Minute (l/min) zu versorgen. Hierfür galt es, zwei Druckbrecher der Trinkwasserversorgung anzuzapfen. Den einen nahe des Gasthauses Alvier, den anderen in der Spitzkehre Maienberg.
180 Meter rauf oder 65 Meter runter
Damit waren positive wie negative Höhenunterschiede zu bewältigen. Konkret plus 180 Höhenmeter und 1200 Meter Distanz vom Druckbrecher Alvier respektive minus 65 Höhenmeter und 800 Meter Distanz von demjenigen am Maienberg. «Eine regelrechte Materialschlacht», fasste Übungsleiter Patrick Müntener an der Einsatzbesprechung zusammen.
Ein aufwärts führender Wassertransport ist nämlich mit dem Gang über eine Treppe vergleichbar. Schritt für Schritt, Stufe für Stufe. Reicht der Druck aus einem Hydranten nicht aus, um das Löschwasser an den Brandort zu bringen, braucht es in regelmässigen Abständen aufgestellte Pumpen, Ausgleichsbecken oder Tanklöschfahrzeuge (TLF). Sie dienen quasi als Etappenziel. Eine Motorspritze (MS) oder das TLF selbst pumpt das Wasser jeweils zum nächsten Etappenziel. Insgesamt standen bei der Übung drei TLF und zwei MS im Einsatz.
Technische Laune verzögerte Durchfluss
Um etwa 8.35 Uhr rückten die Einsatzkräfte aus. Schon früh zeigte sich, wie viel Zeit ein Wassertransport braucht. Trotz Vorbereitung. «Da geit jo u lang», sagte ein Junge der Jugendfeuerwehr, während er bei der MS unterhalb des Weilers Bidenberg auf Wasser wartete. 45 Minuten nach Einsatzbeginn war noch immer kein Druck auf dem Schlauch. Was er nicht wusste: Das Wasser vom Maienberg war da schon längst am Hof Pfüfis angekommen. Wie sich später herausstellte, hatte eine technische Laune am untersten TLF eine Lücke in der Kette verursacht. Nachdem die Einsatzkräfte mehrere Lösungswege ausprobiert hatten, floss dann aber auch von unten her Wasser.
1200 l/min. Das Ziel war erreicht. Auf Pfüfis liefen zwei Strahlrohre auf Hochdruck und der künstliche Auslauf spie ordentlich Wasser. Müntener und Kommandant Thomas Sturzenegger zogen eine positive Bilanz. «Es zeigt, dass eben nicht alles immer nach Plan verläuft», sagte Ersterer. Letzterer ergänzte:
Das ist auch wichtig, denn bei der Feuerwehr muss viel improvisiert und ausprobiert werden.
Beengende Verhältnisse haben ihre Tücken
Und es müssen – wenn es nicht anders geht – Abstriche gemacht werden, wie folgendes Beispiel zeigt: Eigentlich dürften niemals alle Rettungswege blockiert sein. Dem TLF im Weiler (dort vereinten sich die beiden Schläuche) blieb allerdings nichts anderes übrig, als mitten auf der schmalen Strasse stehenzubleiben. Eine wichtige Erkenntnis für einen allfälligen Einsatz am Bidenberg.
Der Übung wohnten auch Vertreter des EWB und der Zivilschutzorganisation Werdenberg bei. Das EWB, weil es als Wasserwerk das Löschwasser zur Verfügung stellt (siehe Kasten), die ZSO, weil sie aktiv wird, wenn der Einsatz länger dauert als erwartet. Etwa mit der Verpflegung der Einsatzkräfte. Sturzenegger sagte:
Unsere Partnerorganisationen tragen massgeblich zum Gelingen bei.
Löschwasser steht immer zur Verfügung
Die Wohn- und Industriegebiete im Einzugsgebiet der Feuerwehr Werdenberg Süd (FWWS) sind sehr gut erschlossen. Flächendeckend ist Löschwasser dennoch nicht verfügbar. Brennt es etwa in abgelegenen Berggebieten oder Landwirtschaftszonen, muss die Feuerwehr das Wasser von der nächstgelegenen Lösch- respektive Trinkwasserquelle zum Einsatzort transportieren (siehe Haupttext).
Wie FWWS-Kommandant Thomas Sturzenegger auf Anfrage erklärt, sind Lösch- und Trinkwasserversorgung in der Regel dasselbe. Die kommunalen Wasserversorgungen haben den gesetzlichen Auftrag, stets eine gewisse Löschwassermenge in ihren Reservoiren zu halten.
Reserve von mindestens 100 Kubikmeter ist verpflichtend
Konkret müssen in jedem neuen Reservoir jederzeit mindestens 100 Kubikmeter zur Verfügung stehen. Die Löschreserve muss mindestens so gross sein, dass der Wasserbedarf während eines Brandereignisses von bis zu 90 Minuten Dauer abgedeckt werden kann, heisst es hierzu in den «Normalien Löschwasser» der Gebäudeversicherung St. Gallen. Bis dahin steht das Wasser von einem anderen Bezugsort zur Verfügung.
Die Mindestmenge der Löschreserve hängt stark vom Gebiet ab, das vom Reservoir versorgt wird. So braucht es etwa für ein frei stehendes Wohnhaus einen Durchfluss von 1000 Litern pro Minute (l/min) und eine Reserve von 50 Kubikmeter. Bei einer städtischen Überbauung sind es bereits 2400 l/min mit 250 Kubikmeter Reserve und bei einem Industriegebiet mit grosser Umweltgefährdung gar 5400 l/min mit 600 Kubikmeter Reserve. Zudem muss die jeweilige Löschreserve spätestens 24 Stunden nach einem Einsatz wieder bereitstehen.
Nicht mehr als 500 Meter zum nächsten Hydranten
Der Löschschutz ist dann gegeben, wenn der nächste Hydrant nicht weiter als 500 Meter vom Brandort entfernt liegt und sowohl Durchfluss als auch Löschwasserreserve gewährleistet sind. Um dies auch im Berggebiet sicherzustellen, haben Druckleitungen der Wasserversorgung, die vom Berggebiet ins Tal führen, bei manchen Druckbrechern Hydrantenanschlüsse eingebaut.
Letztlich hole die Feuerwehr das Wasser, salopp gesagt, aber dort, wo sie es findet. Je nach Pegelstand darf sie auch Steh- und Fliessgewässer anzapfen.
Hinweise beachten, Brände verhindern
Bei Brandverhütung darf eines nicht vergessen werden: Jeder kann seinen Teil dazu beitragen. Flur- und Waldbrände lassen sich vermeiden, indem man sich an die Weisungen des Kantons oder der Gemeinden hält. Feuerverbote und ausgeschilderte Hinweise sind stets zu befolgen.
Waldbrand-Gefahrenstufen, potenzielle Feuerverbote und entsprechende Verhaltensempfehlungen können jederzeit auf waldbrandgefahr.ch oder auf der Gefahrenkarte von Meteo Schweiz abgerufen werden.
Materialschlacht am Buchserberg: Feuerwehr übte Wassertransport