Verzicht macht erfinderisch: Claudio Engler bringt regionale Snackwurst auf den Markt | W&O

01.07.2022

Verzicht macht erfinderisch: Claudio Engler bringt regionale Snackwurst auf den Markt

Zusammen mit einem Kollegen hat der Seveler Strassenbaupolier Claudio Engler eine Snackwurst, den «Proteinjäger», entwickelt. Doch das ist nicht die erste Eigenkreation. Mit «Clöds Burger» war er auch schon am Buchserfest vertreten, am Chlaus- und Weihnachtsmarkt mit einem Raclettehüsli.

Von corinne.hanselmann
aktualisiert am 28.02.2023
Leuchtend orange sind die Kleider, die Claudio Engler beim Gespräch mit dem W&O trägt. Dass er im Strassenbau tätig ist, sieht man von weitem. Doch der 28-Jährige, der in Sevelen aufgewachsen ist und wohnt, ist vielseitig: Am Wochenende steht er gelegentlich am Grill und verpflegt als Caterer Gäste von Geburtstags- oder Hochzeitsfesten mit «Clöds Burgern». Und auch unter der Woche liegt er nach Feierabend nicht auf der faulen Haut, sondern erfüllt sich den Traum von eigenen Kreationen und widmet sich mit Herzblut dem «Proteinjäger» – einer selbst entwickelten Wurst aus regionalem Pouletfleisch. Zudem engagiert sich Claudio Engler in der Feuerwehr Werdenberg Süd und im Vorstand des Verkehrsvereins Buchs.

Premiere am Buchserfest 2018

«Mein kleiner Bruder hat eines Tages zuhause Burger gemacht. Er hat selber Buns gebacken und aus Hackfleisch Patties geformt», erzählt Claudio Engler, wie seine Leidenschaft für Burger vor einigen Jahren erwacht ist.
Meine Reaktion war: Sowas will ich auch machen.
Claudio Engler meldete sich beim Buchserfest 2018 für einen Burgerstand an.
Ins Blaue hinein habe ich bei Bäcker und Metzger in der Region Zutaten für 500 Burger eingekauft.
Mit selbstgemachten Saucen und gedünsteten Zwiebeln war der Burger recht aufwendig – aber eben auch individuell. «Ich konnte alle 500 verkaufen», erinnert sich «Clöd». «So bin ich in das Ganze hineingerutscht.»
 «Clöds Burger» kommen gut an.
«Clöds Burger» kommen gut an.
Kurze Zeit später erhielt er eine Anfrage für ein Catering an einem Geburtstagsfest und sagte zu. Nach und nach kamen Aufträge dazu, grösstenteils weiterempfohlen durch Mundpropaganda.
Die Leute spüren es, wenn man mit Herz und Leidenschaft dabei ist und Freude daran hat.
Auch bei Hochzeiten tischte er seine Burger schon auf. Heute sind es zwischen 10 und 20 Veranstaltungen im Jahr. Die Gäste dürfen sich dabei jeweils selber ihre ganz persönlichen Burger an einem Zutatenbuffet zusammenstellen – das kommt gut an. Das Faible für leckeres Essen wurde Claudio Engler sozusagen in die Wiege gelegt. Seine Mutter ist gelernte Köchin und unterstützt ihn bei Caterings tatkräftig.

Neue Idee entstand aus einer Wettkampfdiät heraus

Doch nur bei Burgern blieb es nicht: Beim Chlausmarkt am Werdenbergersee und beim Weihnachtsmarkt in der Buchser Bahnhofstrasse betrieb Claudio Engler mehrmals ein Raclettehüsli. Weil es in der Strassenbaubranche im Winter längere Ferien gibt, lasse sich das gut vereinbaren, sagt der Jungunternehmer. Caterings macht Claudio Engler ansonsten nur an Wochenenden, denn er arbeitet Vollzeit im Strassenbau, seit 2019 als Polier. Dennoch waren ihm «Clöds Burger» und der Raclettestand noch nicht genug und er startete ein weiteres Projekt. «Während ein bis zwei Jahren habe ich aktiv geboxt», erzählt er.
Für einen Boxkampf habe ich eine Wettkampfdiät gemacht. Ich musste abspecken und auf gewisse Produkte verzichten. Unter anderem auf Landjäger!
An einer Fasnacht kam er mit einem befreundeten Metzger aus Heerbrugg ins Gespräch. Die Idee für ein proteinreiches aber fettarmes Produkt entstand. Zusammen entwickelten sie innert eines Jahres eine Wurst aus Pouletfleisch.
Wir tasteten uns langsam an die optimale Gewürzmischung heran.
Weil die Würste nach dem Räuchern immer etwa vier Wochen trocknen mussten, bis man probieren konnte, dauerte dies seine Zeit.

Sportlerinnen und Sportler schätzen Nährwertbilanz

Seit Anfang 2021 ist der Proteinjäger, wie die Eigenkreation heisst, nun auf dem Markt. Er entsteht aus jeweils 100 Gramm frischem Pouletfleisch, das durch den Cousin des befreundeten Metzgers auf seinem Bauernhof im Rheintal produziert wird. «Regionalität ist mir sehr wichtig», betont Engler.
Wir drei Unternehmer, die alle mit Herzblut dabei sind, müssen wie Zahnräder zusammen funktionieren.
Während der Trocknungszeit verliert der Proteinjäger die Hälfte des Gewichts. Von den verbleibenden 50 Gramm sind 22 Gramm Protein, zudem ist die Wurst kalorienarm. «Durch diese guten Nährwerte ist der Proteinjäger beliebt bei Leuten, die auf ihre Ernährung achten – beispielsweise Sportlerinnen und Sportler», so Engler. Aber auch als Snack für unterwegs, etwa auf einer Biketour, eigne sich sein Produkt.
 Claudio Englers Ziel: Sein Proteinjäger soll irgendwann so etabliert sein wie Red Bull.
Claudio Englers Ziel: Sein Proteinjäger soll irgendwann so etabliert sein wie Red Bull.
Angefangen hat er einst mit 200 Würsten, aktuell verkauft er rund 2000 pro Monat. Trotzdem war Claudio Engler kürzlich ausverkauft und musste den Online-Shop kurzzeitig deaktivieren. «Produktionsbedingt dauert es nach der Bestellung immer etwa vier Wochen bis zur Lieferung», sagt er. «Deshalb ist es zu Engpässen gekommen.» Ein Ausbau der Produktionskapazität sei aber in Planung.

Kleiner Gewinn wird reinvestiert

Claudio Engler verkauft den Proteinjäger derzeit hauptsächlich in Fitnessstudios und über den eigenen Onlineshop, versucht aber auch, in das Sortiment von Läden aufgenommen zu werden. «Das ist gar nicht so einfach», erzählt der Jungunternehmer von seinen Erfahrungen. «Cool wäre es natürlich, wenn eine Zusammenarbeit mit einem grösseren Partner möglich wäre», sagt er und denkt dabei an Migros oder Coop. Nach seinem grossen Ziel für die Zukunft gefragt, sagt Engler:
Dass der Proteinjäger irgendwann so etabliert ist wie Red Bull.
Bis es soweit ist und solange er alles miteinander vereinbaren kann, will er auf jeden Fall hauptsächlich als Strassenbaupolier weiterarbeiten. So kann er den kleinen Gewinn, den der Proteinjäger abwirft, direkt ins Geschäft reinvestieren. Zwei Kollegen unterstützen ihn stundenweise in den Bereichen Social Media und Ak­qui­rie­rung, die Schwester bei der Buchhaltung. Proteinjäger verpacken und zur Post bringen, Offerten und Rechnungen schreiben oder Mails beantworten – das erledigt der Chef selbst.