Wegen dem Krieg kostet der Alltag mehr - doch Strom wird erst im Jahr 2023 teurer | W&O

25.04.2022

Wegen dem Krieg kostet der Alltag mehr - doch Strom wird erst im Jahr 2023 teurer

Aktuell kommt der grundversorgten Bevölkerung in Buchs die strukturierte Energiebeschaffung des Elektrizitäts- und Wasserwerks zu Gute.

Von robert.kucera
aktualisiert am 28.02.2023
Da wird die eine Krise für beendet erklärt – und schon kriselt es übergangslos weiter. Diesen Augenblick, die Maske fallen zu lassen, hat sich Bevölkerung der W&O-Region so lange herbeigesehnt, um endlich wieder das Leben zu geniessen. Doch dann lässt der mächtigste Russe seine Maske fallen: Einmarsch in die Ukraine, in Europa herrscht Krieg. Der Westen reagiert mit Sanktionen, welche Russland hart treffen sollen. Mit Folgen für die Bevölkerung der Region. Sie darf sich nun mit höheren Preisen herumschlagen. Auch der Strom wird teurer. Daran wird kein Weg vorbeiführen. Je nach Länge der aktuellen Krise und Ausgang des Kriegs in der Ukraine bleibt die Preisentwicklungskurve relativ flach – oder sie zeigt etwas steiler nach oben.

Jeder Energieträger kann Strompreis beeinflussen

Doch warum genau wird der Strom teurer und was hat das mit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine zu tun? Hanspeter Lippuner, Leiter Energiewirtschaft des Elektrizitäts- und Wasserwerks der Stadt Buchs (EW Buchs) erklärt:
Der Einmarsch hatte sicher einen starken Einfluss auf die Energiepreise, da die Gaslieferung aus Russland über Nordstream 2 nicht in Betrieb ging.
Doch steigende Gaspreise allein lassen Strompreise noch nicht in die Höhe schnellen. «Energie wird als Terminprodukt an der Strombörse gehandelt», hält Lippuner weiter fest. Der Verlauf verschiedener Energieträger, welche gehandelt werden, können sich folglich auf den Strompreis auswirken kann. Denn Strom ist nichts anderes als Energiepreis (Einkauf vom Markt und Eigenproduktion) plus Netznutzungspreis (Infrastruktur vor Ort) plus Abgaben an Bund und Wohngemeinde.
 Weniger Kraftwerke zur Verfügung, die den nötigen Strom produzieren sind ebenfalls ein Faktor für höhere Strompreise.
Weniger Kraftwerke zur Verfügung, die den nötigen Strom produzieren sind ebenfalls ein Faktor für höhere Strompreise.
Bild: Severin Bigler
Der Leiter Energiewirtschaft vom EW Buchs weist darauf hin, dass bereits vor dem Krieg in der Ukraine die Strompreise angezogen haben. Der Atomausstieg Deutschlands per Ende Jahr 2021 sowie Revisionsarbeiten an Kraftwerken in Frankreich sorgten für eine Energieverknappung auf dem europäischen Markt. Zudem hatten auch tiefe Temperaturen im Winter einen Einfluss auf den Energiemarkt. Die Rechnung ist deshalb einfach: Weniger verfügbare Energie plus steigende Nachfrage ergeben höhere Kosten.

Strukturierte Beschaffung glättet Preisausschläge

Dem grundversorgten Kunden, der an das örtliche Energieversorgungsunternehmen (EVU) gebunden ist, wird im Fall der Stadt Buchs im laufenden Jahr (noch) nicht viel von steigenden Strompreisen mitkriegen. Hanspeter Lippuner erläutert:
Der Strompreis wird jeweils im August für das Folgejahr kalkuliert. Die Energiebeschaffung muss bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein. Sinkende oder steigende Marktpreise ab September haben daher keinen Einfluss auf die kalkulierten Strompreise des Folgejahrs.
Das EW Buchs beschafft die benötigte Energie strukturiert über drei Jahre im Voraus. Für die grundversorgten Haushalts- und Gewerbekunden steigen die Strompreise deshalb nicht so stark an, Preisausschläge werden auf diese Weise geglättet.
 Die strukturierte Energiebeschaffung, wie es das EW Buchs macht, sorgt dafür, dass Preisausschläge geglättet werden.
Die strukturierte Energiebeschaffung, wie es das EW Buchs macht, sorgt dafür, dass Preisausschläge geglättet werden.
Bild: Stefan Kaiser
«Diejenigen Kunden, welche sich auf dem freien Markt bewegen, werden sicher mit Preisaufschlägen zu kämpfen haben», weiss Lippuner. Eine Abwanderung zu anderen Anbietern sei bis dato nicht feststellbar. «Alle Energielieferanten sitzen im gleichen Boot», sagt der Leiter Energiewirtschaft vom EW Buchs. Eine Vorzugsbehandlung der Grosskunden schliesst Lippuner aus: «Es macht keinen Sinn, einen freien Kunden mit einer negativen Marge zu halten. Margenminimierung bei Grosskunden auf Kosten der Haushaltskunden gibt es bei uns nicht», betont Hanspeter Lippuner.

Kilowattstunde wird etwa 7 Rappen teurer

Doch die aktuelle Krise wirft seine Schatten auch für die grundversorgten Kunden voraus. «Ohne weitere Preissteigerungen rechnen wir aktuell für das Jahr 2023 mit einem ungefähren Strompreis von etwa 27 Rappen pro Kilowattstunde für einen Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden», sagt Lippuner. Aktuell kostet die Kilowattstunde 20 Rappen. Der Durchschnittshaushalt (Familie mit vier Personen) wird sich folglich auf Mehrkosten von zirka 320 Franken im Jahr 2023 einstellen müssen.
 Um höhere Stromrechnungen werden die Verbraucher nicht herumkommen. Die beste Möglichkeit, um Geld zu sparen: Stecker ziehen, wann immer es geht.
Um höhere Stromrechnungen werden die Verbraucher nicht herumkommen. Die beste Möglichkeit, um Geld zu sparen: Stecker ziehen, wann immer es geht.
Bild: Jürg Amsler
Skepsis, ob das Elektrizitäts- und Wasserwerk der Stadt Buchs wirklich nur den Mehraufwand für Energie an die Adresse der Kundschaft weitergibt oder die Lage ausnutzt, kontert Hanspeter Lippuner blitzschnell:
Die Gewinne werden durch die Elcom festgelegt und kontrolliert. Ein allfälliger zu hoher Gewinn muss in den Folgejahren zurückbezahlt werden.
Somit ist der Endkunde gesetzlich geschützt und durch die im Voraus strukturierte Beschaffung können kurze Krisen gemeistert werden, welche auf Stromrechnungen nur minime Veränderungen ergeben. ElCom überwacht die Energie-Unternehmen Die Eidgenössische Elektrizitätskommission, kurz ElCom, kann als Preisüberwacher im Elektrizitätsbereich bezeichnet werden. Die ElCom ist unabhängig und überwacht Preise und Tarife im Sinne des Endverbrauchers. Dabei hält sie sich an das Stromversorgungs- und Energiegesetz und schreitet an, falls ein Elektrizitätswerk für den Strom zu viel Geld verlangt. «Eine ungerechtfertigte Bereicherung der Energieversorgungsunternehmen auf Kosten der Stromkunden kann mit diesem Instrument ausgeschlossen werden», erklärt Hanspeter Lippuner vom EW Buchs. Dennoch kann es von Gemeinde zu Gemeinde zu Preisdifferenzen kommen. «Nicht jedes Energieversorgungsunternehmen wendet dieselben Beschaffungsmethoden an und auch die Lieferanten sind unterschiedlich.» Grosskonsumenten dagegen (mehr als 100 Megawattstunde/Jahr Verbrauch pro Jahr) können den Lieferanten frei wählen. Eine Überwachung der ElCom erübrigt sich hier, da der Grosskonsument den Anbieter jederzeit wechseln kann. Als Beispiel nennt der Energiewirtschaft-Leiter vom EW Buchs die Reaktorkatastrophe in Fukushima (Japan) von März 2011. Auch hier ging der Marktpreis kurzfristig stark nach oben. «Bis Ende Jahr hatte sich der Preis jedoch wieder erholt. Durch den strukturierten Einkauf können solche Preisschwankungen abgefedert werden», erklärt Lippuner.